Valide und zeiteffizient: Das Multimodale-Interview

Bei einem mittelständischen Autozulieferer sollen neue Ingenieure eingestellt werden. In der Regel werden in diesem Unternehmen Interviews zur Endauswahl der Bewerber eingesetzt. Entschieden wird nach der wenig elaborierten Regel: Wer augenscheinlich gut zu uns passt, den nehmen wir. Wie lässt sich die Auswahlentscheidung verbessern, wenn der Zulieferer keine weiteren Testverfahren oder ein Assessment-Center einsetzen will? Zum Beispiel durch das Multimodale Interview von Heinz Schuler, Professor an der Universität Hohenheim und ausgewiesener Spezialist für knifflige personalpsychologische Fragen.

 

Das Multimodale Interview beruht auf dem Ansatz, durch Erfassung der drei Modalitäten Eigenschaften, Verhalten und Ergebnisse die Vorhersagegenauigkeit des Interviews und damit seine Validität zu steigern. Dementsprechend werden im Interview die Eigenschaften des Bewerbers durch Berufsinteressensfragen, zukünftiges Verhalten durch situative Fragen und bisherige Ergebnisse durch biographische Fragen erfasst. Das Multimodale Interview enthält damit folgende acht Komponenten:

  1. Gesprächsbeginn: kurze informelle Unterhaltung
  2. Selbstvorstellung des Bewerbers
  3. freies Gespräch: der Bewerber kann offene Fragen stellen
  4. Berufsinteressen, Berufs- und Organisationswahl werden erfragt
  5. biografiebezogene Fragen
  6. realistische Tätigkeitsinformationen: Informationen über Arbeitsplatz und Unternehmen
  7. situative Fragen, z.B. „Erzählen Sie mir von einem Ereignis, bei dem Sie mit einem Kunden…“
  8. Gesprächsabschluss: Fragen des Bewerbers, Zusammenfassung

Die Fragen aus dem Interview werden entsprechend den Anforderungen der Stelle maßgeschneidert ausgewählt. Meist genügen ein oder zwei Interviewer. Die Auswertung der Parts des Bewerbers, also 2, 3, 4, 5 und 7 erfolgt standardisiert. Teil 2 wird entlang von vorgegebenen Beurteilungsdimensionen ausgewertet. Bei Teil 3 erfolgt die Auswertung summarisch. Die Teile 4, 5 und 7 werden numerisch ausgewertet, d.h. einer Antwort des Bewerbers wird ein Punktwert zugeordnet. Schließlich werden alle Werte danach gewichtet, in welchem Maß sie zur Validität des gesamten Interviews beitragen, und zusammengezählt. Alles in allem dauert das Interview zwischen 40 und 60 Minuten. Die Vorteile liegen auf der Hand. Das Interview ist zeiteffizient, erfasst alle erfolgsrelevanten Merkmale und weist eine Validität auf, die derjenigen von guten Testverfahren entspricht. Der Autozulieferer wählt damit seine zukünftigen Mitarbeiter fachkundig aus. Das Multimodale Interview, das sich an Fakten und nicht an den nebulösen ersten Eindruck hält, wird zudem von Bewerbern gut angenommen.

Literatur

Das Multimodale Interview MMI - Findne und fördern Sie die richtigen Mitarbeiter, S&F Personalpsychologie