Altersdiskriminierung als Risiko für den Unternehmenserfolg

Neben dem Geschlecht, der Ethnie oder der Religion wird auch das Alter oft zur Grundlage von Vorurteilen und Diskriminierung, obwohl das deutsche Rechtssystem dies verbietet. Studien belegen negative Folgen für die Gesundheit und Produktivität älterer Arbeitnehmerinnen sowie für den Unternehmenserfolg und den Wissensaustausch mit jüngeren Angestellten, weshalb für Unternehmen die Frage nach wirkungsvollen Gegenmaßnahmen an Relevanz gewinnt.

Wie äußert sich Altersdiskriminierung in der Berufswelt?

Im Weltreport der Weltgesundheitsorganisation (WHO) des Jahres 2015 zum Thema Altern und Gesundheit wird Altersdiskriminierung als kulturübergreifendes Phänomen beschrieben, welches mitunter sogar weiter als Rassismus und Sexismus verbreitet ist: Durchschnittlich jeder Fünfte in Deutschland hat bereits Diskriminierung aufgrund seines Alters erfahren. Betroffene erleben dabei, dass sie wegen ihres Alters unterschätzt und ausgeschlossen werden. Im Arbeitskontext kann sich dies in Beleidigungen aufgrund des Alters äußern, aber auch in altersbezogenen Regeln oder Kriterien beispielsweise bei Fortbildungsangeboten oder bei Stellenausschreibungen, von denen Bewerber ab einem gewissen Alter ausgeschlossen werden. Folgen sind eine Zunahme von Stress sowie ein sinkendes Selbstwirksamkeitserleben. Dadurch kann es zum Einsetzen einer selbsterfüllenden Prophezeiung kommen, die wiederum in einer tatsächlich geringeren Produktivität und Belastbarkeit der älteren Mitarbeiterinnen resultieren kann. Auch soziale Isolation wird durch diese Stigmatisierungsprozesse begünstigt mit gleichfalls negativen Auswirkungen auf die beruflichen Leistungen.

Doch nicht nur für die älteren Arbeitnehmer selbst sind derartige Stereotype von Nachteil. Ulrike Fasbender und Fabiola Gerpott der Universität Gießen führten dazu 2020 zwei Studien mit über 600 deutschen und britischen Mitarbeitenden mehrheitlich aus dem öffentlichen Sektor und der Gesundheits-, Bildungs- und Logistikbranche durch. Die Stichprobe bestand zu ungefähr gleichen Teilen aus Männern und Frauen der Altersspanne von 20 bis 71 Jahren, welche Angaben machten zu der durch sie empfundenen Diskriminierung aufgrund ihres Alters, zu ihrem Selbstwirksamkeitserleben und ihrer Tendenz, ihr Wissen mit Kollegen zu teilen. Die Ergebnisse legen nahe, dass Altersdiskriminierung zu einer Reduktion des Wissensaustauschs innerhalb der Arbeitnehmerschaft führt und somit jüngere Arbeitnehmerinnen seltener von den Erfahrungen älterer Kollegen profitieren. Ursächlich sei, dass Betroffene das altersbezogene negative Urteil ihres Umfeldes verinnerlichen und sich daher weniger trauen, selbstbewusst ihr Wissen weiterzugeben. Dabei sei ihr Erfahrungsschatz enorm wichtig für den Unternehmenserfolg, wie die Psychologin Dr. Ulrike Fasbender unterstreicht.

Durch altersgemischte Arbeitsgruppen nehmen Vorurteile ab und der Zusammenhalt im Team wächst. (Foto: Andrea Piacquadio / Pexels.com)

Wie kann man gegen Altersdiskriminierung vorgehen?

In vielerlei Hinsicht stellt sich daher der Bedarf an wirkungsvollen Maßnahmen gegen Altersdiskriminierung und deren negative Konsequenzen heraus. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) von 2006 stellt einen ersten Schritt dar, doch auch innerhalb der Unternehmen gibt es Handlungsspielraum.

  1. Sprechen Sie in Ihrem Unternehmen mehr über das Problem der Altersdiskriminierung
    Setzen Sie das Thema Altersdiskriminierung auf die Agenda für eine positive Unternehmenskultur, um im Gespräch Angestellte für Vorurteile und Diskriminierung aufgrund des Alters zu sensibilisieren. Hierfür können Sie beispielsweise auf sachdienliches Informationsmaterial und auf Erfahrungsberichte zurückgreifen, welche durch Aufklärungskampagnen wie die europäische Initiative #AgeingEqual oder die deutschlandweite Kampagne #DarüberReden verbreitet werden.
     
  2. Sorgen Sie bei Ihrem Personal für eine gute Altersdurchmischung
    Wie in dem WHO-Bericht aufgeführte Studien offenbaren, nehmen bei vermehrtem Kontakt von jüngeren und älteren Menschen altersbezogene Vorurteile ab. Achten Sie daher bei der Auswahl neuer Mitarbeiter und bei der Bildung von Arbeitsgruppen auf eine gute Altersdurchmischung, um den Wissensaustausch zu fördern und gegen Vorurteile vorzugehen. Nicht das Alter, sondern die Kompetenzen der Bewerberinnen sollten über deren Beschäftigung entscheiden.
     
  3. Bringen Sie individualisierte Förderangebote ein
    Ein weiterer Ansatz sind Personalentwicklungsmaßnahmen, die jüngeren und älteren Angestellten gleichermaßen zugänglich sind. Wie das Forschungsteam aus Gießen aufzeigte, dienen exklusiv an ältere Mitarbeiter gerichtete Förderangebote zwar deren Leistungserhalt, aber mindern das Gefühl der Unzulänglichkeit wegen des Alters nicht. Daher raten auch andere Wissenschaftlerinnen wie z. B. Tanja Rabl und María del Carmen Triana dazu, Personalentwicklungsmaßnahmen nicht nach dem Alter, sondern nach den individuellen Fähigkeiten und Bedürfnissen der Mitarbeiter auszurichten. Diese Empfehlung gründen sie auf ihre Studie von 2013, in welche die Daten von 1255 deutschen Beschäftigten einflossen.

Auch Unternehmen profitieren von Maßnahmen gegen Altersdiskriminierung

Angesichts der negativen gesundheitlichen und unternehmerischen Folgen kommt der Aufklärung und öffentlichen Diskussion von Altersdiskriminierung ein hoher Stellenwert zu. Nicht zuletzt schützen Sie den firmeninternen Wissensschatz Ihres Unternehmens, indem Sie Vorurteile abbauen helfen und so den Austausch und das gemeinsame Lernen innerhalb des Personals unterstützen.

Literatur

Informationen der Antidiskriminierungsstelle

Fasbender, U., & Gerpott, F. H. (2020). To share or not to share: A social-cognitive internalization model to explain how age discrimination impairs older employees’ knowledge sharing with younger colleagues. European Journal of Work and Organizational Psychology, 1-18.

Kommunikationskampagnen gegen Altersdiskriminierung: #AegingEqual#DarüberReden

Rabl, T., & Triana, M. D. C. (2013). How German employees of different ages conserve resources: Perceived age discrimination and affective organizational commitment. The International Journal of Human Resource Management24(19), 3599-3612.

Weltgesundheitsorganisation (WHO): Informationsmaterial und Weltreport zum Thema Altern und Gesundheit