Ein positives Altersbild hält gesund
Alt werden – das möchte niemand gerne. Die einen fürchten gesundheitliche Probleme, die anderen Langeweile, weil einem der Arbeitgeber nichts mehr zutraut. Allerdings machen negative Vorstellungen vom Altern krank, während positive Einstellungen die Gesundheit erhalten, weshalb der Abbau von Vorurteilen von erheblicher Bedeutung ist.
Ohne Zweifel ist Jugend etwas Schönes und womöglich denken auch Sie beim Altern vorrangig an Schwäche oder Isolation. Doch mehrere Studien zeigen, dass Menschen selbst mit 75 Jahren und darüber hinaus psychisch und physisch gesund bleiben können. Dies ist auch für Unternehmen eine gute Nachricht, denn durch den demografischen Wandel wird die Anzahl älterer Arbeitnehmender zunehmen. Laut dem sechsten Altenbericht der Bundesregierung (2010) tragen folgende Faktoren zur Gesundheit im Alter bei:
- Aktivität und Gesundheitsbewusstsein
- Weiterbildung
- wissensintensive, zeitflexible und freudvolle Arbeitsplätze
- Positive Sichtweisen auf das Altern
Insbesondere den letzten Aspekt sollte man nicht unterschätzen: Wenn nämlich in einer Gesellschaft defizitbetonte Altersbilder vorherrschen, kann sich dies gravierend auf die anderen Aspekte auswirken. Der zentrale Wirkfaktor ist hierbei eine selbsterfüllende Prophezeiung:
Stellen Sie sich vor, ein älterer Mitarbeiter Ihres Unternehmens kann wegen einer Verletzung oder eines Unfalls zeitweise nicht gut laufen. Da viele das im Alter für normal halten, sieht er in seiner Einschränkung einen Beweis für seine Betagtheit, auch wenn eigentlich ein Unfall ausschlaggebend war. Aufgrund der Unveränderlichkeit des Alters unternimmt Ihr Mitarbeiter weniger Anstrengungen zur Regeneration, sodass sich tatsächlich Muskeln abbauen und die Beweglichkeit sinkt und er am Ende schlechter zu Fuß ist, als es eigentlich notwendig wäre.
Negative Altersbilder begünstigen ungesundes Verhalten
Knackpunkt der selbsterfüllenden Prophezeiung ist, dass das negative Altersstereotyp in konkretes, der Gesundheit abträgliches Verhalten umgesetzt wird: Man sitzt mehr, läuft weniger und zieht sich zurück. Viele Studien verdeutlichen, wie tief dieser Wirkmechanismus greift: Personen, die negativ über das Alter dachten, hatten 20 Jahre später häufiger Herz-Kreislauf-Erkrankungen, konnten sich weniger merken und starben früher als jene, die dem Alter gegenüber positiv eingestellt waren. Entscheidend war dabei, dass die Personen mit positivem Altersbild trotz gesundheitlicher Beschwerden körperlich aktiv blieben.
Ein positives Altersbild meint dabei nicht, Alterungsprozesse zu ignorieren, sondern die Qualitäten älterer Menschen, beispielsweise deren Erfahrungsschatz, sowie ihr Potential zum Gesundheitserhalt und zur Weiterentwicklung zu erkennen. Dies ist leider nicht selbstverständlich. Vielleicht kennen Sie die Berichte älterer Angestellter, die Fortbildungen besuchen und dafür häufig auf Skepsis stoßen: Die Rente sei doch in Sicht, was solle das denn noch bringen? Selbst Ärzte und Pflegepersonal schreiben mitunter Beeinträchtigungen älterer Personen ausschließlich deren Alter zu und unterschätzen so die Chancen der Betroffenen, wieder gesund zu werden. Dadurch kommen Ältere nicht mehr in den Genuss wirksamer Therapien.
Möglichst vorteilhaftes und vielfältiges Altersbild
Aufgrund dieses fatalen Wechselspiels von negativen Altersbildern und dem gesundheitlichen Zustand älterer Menschen fordert die Gesundheitspsychologin Dr. Verena Klusmann der Universität Hamburg, dass Gedanken und Einstellungen dem Alter gegenüber vorteilhaft und facettenreich werden: „Wir brauchen ein möglichst positives, aber differenziertes Altersbild.“ Klusmann leitet zusammen mit Dr. Anna E. Kornadt von der Université du Luxembourg das Forschungsnetzwerk „Altersbilder: Über ein dynamisches Lebensspannen-Modell zu neuen Perspektiven für Forschung und Praxis”. Sie erforschen, wie man selbst und die Gesellschaft auf das Altern blicken und wie man sich im Alter fit halten kann. Klusmann beschreibt das Alter als „eine Phase der Selbstverwirklichung. Man kommt zu sich selbst, ist ausgeglichener, fühlt sich besser. Mitunter tut einem etwas weh. Aber das ist kein Grund, weniger aktiv zu sein. Es macht Spaß, sich trotzdem zu beweisen, dass man es kann. Neues auszuprobieren und kreativ zu sein, gehört zum Altern dazu.“
Maßnahmen zur Gesundheit im Alter
Mit folgenden Maßnahmen können auch Sie ein positives Altersbild kultivieren und die Altersgesundheit stärken:
- Leichter Einstieg. Achten Sie beim Angebot betriebsinterner Sport- und Freizeitangebote darauf, dass diese nah am Wohnort stattfinden, um den Einstieg zu erleichtern.
- Gutscheine. Auch der Einsatz von Gutscheinen oder Rabatten senkt die Hemmschwelle, an gesundheitsförderlichen Angeboten teilzunehmen.
- Generationenmischung. Sowohl in der Gesellschaft durch gemeinsame Projekte von Jung und Alt als auch in Unternehmen mit altersgemischten Arbeitsgruppen kann das Vorurteil abgebaut werden, dass Ältere nicht mehr leistungsstark und kompetent seien. Zudem profitieren jüngere Arbeitnehmende von den Erfahrungen ihrer älteren Kollegen.
All dies sind Möglichkeiten, wie dem vorzeitigen physischen und psychischen Abbau von Seniorinnen entgegengewirkt werden kann. Zugleich wird deren Selbstwertgefühl gestärkt, sodass sie weiterhin selbstwirksam am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Dies ist auch für Unternehmen relevant, da in einer alternden Gesellschaft der Anteil älterer Beschäftigter zunehmen wird. Ziel darf es also nicht sein, dass Alter zu verteufeln und in die Ecke zu drängen, sondern es mit einer positiven, ressourcenorientierten Einstellung aktiv zu gestalten und die entsprechenden Möglichkeiten dafür in der Gesellschaft zu schaffen.
Literatur
Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.). (2010). Sechster Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland – Altersbilder in der Gesellschaft (PDF).
Klusmann, V. & Kornadt, A. (2020). European Journal of Ageing. Special Section on Views on Ageing. Springer, Volume 17, issue 4.