Wie Sie Teams mit psychologischem Know-How zum Erfolg führen

Durch das Zusammenspiel der Kenntnisse und Fähigkeiten mehrerer Personen arbeiten Teams besonders effizient und erfolgreich. Vermeintlich – denn nicht immer sind die Leistungen von Teams tatsächlich denen von Einzelpersonen überlegen. Verschiedene Gruppenphänomene können das Potenzial von Teams schmälern.

Laut der Fortune 500, einer Liste der 500 umsatzstärksten US-amerikanischen Unternehmen, werden ca. 80 % der Mitarbeitenden in Teams organisiert. Die Theorie hinter dieser Maßnahme ist, dass die Diversität unterschiedlicher Fähigkeiten und Kenntnisse mit einer schnelleren und effizienteren Zielerreichung einhergeht. In der Praxis sieht das jedoch ganz anders aus. Laut Expert*innen sind 40 % aller Teams nicht in der Lage, ihr gesamtes Potenzial auszuschöpfen und bewegen sich somit im unteren Bereich ihrer Möglichkeiten.

Wertvolle Erkenntnisse aus der Psychologie für Personal- und Organisationsentwicklung geben Aufschluss darüber, wie man dieses „verlorene“ Potenzial herauskitzeln und im positiven Sinne nutzen kann. Im Folgenden finden Sie daher hilfreiche Anwendungstipps für die Praxis im Kontext von Teamentwicklung.

1. Der Einsatz von Teams – Vorteile, Nachteile und destruktive Gruppenphänomene

Grundsätzlich ist der Einsatz von Teams erst dann sinnvoll, wenn die Teamarbeit einen Mehrwert gegenüber der Kombination der Einzelleistungen der Teammitglieder darstellt.
Ein Vorteil von Teams ist der soziale Austausch der Teammitglieder, durch den sie wesentlich schneller aus Fehlern lernen können, als es Einzelpersonen möglich wäre. Hinzu kommt, dass ein „Wir-Gefühl“ sich positiv auf die Motivation auswirkt, was dann wiederum einen positiven Effekt auf die Teamleistung hat. In Bezug auf Diversität von Perspektiven, Fähigkeiten und Kenntnissen der Teammitglieder kann diese zwar auf der einen Seite zum Vorteil genutzt werden. Auf der anderen Seite wird dieses Potenzial aber häufig gar nicht ausgeschöpft.

Hier kommen destruktive Gruppenphänomene zum Vorschein, die sich negativ auf die Performance eines Teams auswirken können. Eines dieser Phänomene ist auch als „soziales Faulenzen“ bekannt. Es wird als unbewusstes Zurückhalten bei der Teamarbeit definiert und bedeutet, dass ein Mitglied in Einzelarbeit mehr leisten könnte als im Team. Sicherlich ist Ihnen auch der Begriff „Verantwortungsdiffusion“ im Zusammenhang mit Gruppenkonstellationen schon häufiger begegnet. Dieser Effekt sorgt dafür, dass weniger Ideen auch wirklich umgesetzt werden, da sich die Teammitglieder häufig nicht explizit angesprochen fühlen, wenn eine Aufgabe auf Teamebene formuliert wird – hier braucht es klare Aufgabenzuteilungen.

Das „Risky-Shift“ Phänomen wiederum sorgt dafür, dass Teams höhere Risiken eingehen als Einzelpersonen. Das liegt unter anderem daran, dass die Gruppenmitglieder das Risiko gedanklich auf die Gruppenmitglieder aufteilen (Stichwort Verantwortungsdiffusion). Das empfundene Risiko wirkt für den oder die Einzelne*n geringer. Zum anderen sind extravertierte Gruppenmitglieder oft risikobereiter und dominieren die Gruppe. Auf sie wird möglicherweise mehr gehört als auf ruhigere, defensive Gruppenmitglieder.

Tipp: Überlegen Sie in Zukunft sehr genau, ob Sie eine Aufgabe an eine kompetente Einzelperson vergeben oder an ein Team. Das spart Ressourcen und ist oft nicht weniger erfolgreich.

2. Kennen Sie Ihr Team

Die Teamzusammenstellung in Bezug auf die Persönlichkeit der einzelnen Teammitglieder hat einen erheblichen Einfluss auf die Teamperformance. Es gibt verschiedene Ansätze, wie die unterschiedlichen Persönlichkeiten innerhalb eines Teams verteilt sein sollten. Zum einen gibt es Expert*innen, die eine homogene Teamzusammenstellung empfehlen. Das bedeutet, die Persönlichkeitsausprägungen in den Big Five Dimensionen der Persönlichkeit sollte möglichst ähnlich sein. Andere Spezialist*innen auf diesem Gebiet raten hingegen zu einer heterogenen Teamzusammenstellung, um eine breitere Palette von Kreativität und Fähigkeiten abdecken zu können.

Welche Art der Teamzusammenstellung besser geeignet ist, ist nicht abschließend zu sagen. Es sollten aber bestimmte Rollen im Team vergeben sein, um eine harmonische und erfolgreiche Zusammenarbeit gewährleisten zu können. So zeigt die Teamforschung z. B., dass ein sog. „Glue Guy“ – also eine Person die aufgrund ihres positiven, ausgleichenden Wesens Konflikte im Team auflöst – für die Teamperformance Gold wert ist. Die Führungsrolle und die Rolle einer „ordnenden Hand“, die dem Team Struktur gibt, sollten ebenfalls klar vergeben sein.

Tipp: Nutzen Sie bei der Teamzusammenstellung professionelle Persönlichkeitstests, um die Persönlichkeiten der Teammitglieder kennenzulernen und das Team optimal zusammenzustellen.

3. Integrieren Sie externe Steuerungsmechanismen

Um eine möglichst konstruktive und vorteilhafte Arbeitsatmosphäre für Ihre Teams zu gewährleisten, sollten Sie für die Verfügbarkeit aller wichtigen Ressourcen sorgen. Fehlende technische Kommunikationsmittel, Gelder oder Hintergrundinformationen sowie enormer Zeitdruck wirken sich negativ auf die Teamleistung aus. Auch eine konstruktive Kommunikationsweise fördert eine angenehme Atmosphäre. Richten Sie den Blick der Teammitglieder also möglichst auf ein gemeinsames Ziel, anstatt den Wettbewerb zwischen den Personen zu fördern.

Tipp: Häufig macht es Sinn, ein Teammitglied von inhaltlichen Aufgaben zu befreien und als Teammoderator*in einzusetzen. So stellen Sie sicher, dass kontinuierlich auf einen pflegsamen Ton sowie die Verfügbarkeit von Ressourcen geachtet wird und bei aufkommenden Problemen eingegriffen werden kann.

Die Persönlichkeitsmerkmale einzelner Teammitglieder haben Einfluss auf die Teamperformance. (Foto: fauxels – Pexels.com)

4. Achtung: Erfolgreiche Teams neigen zur Selbstüberschätzung

Erfolgreiche Teams neigen dazu, sich selbst zu überschätzen und Fehlentwicklungen nicht wahrzunehmen. Dies führt häufig zur Stagnierung und zur Ablehnung von Veränderungs- und Weiterentwicklungsprozessen. Der so genannte „Group-Think“-Effekt verzerrt also das Selbstbild eines Teams und blendet auch Warnungen jeglicher Richtung konsequent aus. Ein sehr plakatives Beispiel für den Effekt des „Group-Think“ ist das Schicksal von Nokia. Der erfolgreiche Telekommunikationskonzern ruhte sich auf dem Bekanntheitsgrad seiner Marke aus und reagierte viel zu spät auf den Aufstieg des Smartphones.

Tipp: Etablieren Sie externe und interne Prüfmechanismen in Ihren Teams. Intern kann z. B. ein sog. Advocatus Diaboli (Anwalt des Teufels) sinnvoll sein, dessen ausgewiesene Aufgabe es ist, jede Entscheidung in Frage zu stellen und überzeugende Argumente einzufordern.

5. Kontinuierliche Weiterentwicklung von Teams

Wenn wir noch einmal auf Punkt 2 „Kennen Sie Ihr Team“ zurückschauen, ist es sinnvoll, sich einen Überblick über die unterschiedlichen Persönlichkeiten innerhalb des Teams zu verschaffen. Jedes Teammitglied hat eine bestimmte Rolle inne und einen Platz in der sozialen Gruppe. Es ist wichtig diese zu erkennen und zu prüfen, ob die Person zufrieden ist mit ihrem Platz in der Gruppe und den sich daraus ergebenden Aufgaben.

Eine unklare Rollenverteilung kann die Grundlage für wiederkehrende Konflikte im Team sein. Um diese nachhaltig zu vermeiden, helfen Teamentwicklungsmaßnahmen. Hierfür bieten sich professionelle Persönlichkeitsanalyseverfahren an. Diese können auch von einem Coach oder einem*r Personaler*in begleitet werden. Eine externe Person kann helfen, den Fortschritt im Team objektiv zu beobachten und auch eine vermittelnde Rolle einnehmen. Gleichzeitig kann den einzelnen Teammitgliedern aufgrund der Persönlichkeitsanalyse geholfen werden, die für sie passende Rolle in der Gruppe zu finden und sich so bestmöglich weiterzuentwickeln.

Tipp: Führen Sie kontinuierlich Teamentwicklungsworkshops durch, die auf das Team und die Persönlichkeiten im Team abgestimmt sind. Stichwort „persönlichkeitsorientierte Teamentwicklung“. Die Ergebnisse von Analyseverfahren können hier als hilfreiche Basis dienen.