„Soziale Kontakte machen glücklich": Wie Vernetzung in Unternehmen gelingen kann
Unternehmen sind erfolgreicher, wenn Menschen über Abteilungen und Standorte hinweg mehr miteinander reden. Warum das so ist und wie es gelingt, in digitalen Zeiten den persönlichen Austausch zu stärken, erläutert Christoph Drebes, der sich mit seiner Firma auf Vernetzung in Unternehmen spezialisiert hat.
1. Herr Drebes, die Verbesserung der internen Kommunikation ist immer wieder Thema in Unternehmen. Wie sind Sie selbst mit dem Thema das erste Mal in Berührung gekommen?
Direkte Kommunikation findet meist nur spärlich über Abteilungsgrenzen hinweg statt. Vielmehr herrschen in Organisationen häufig Silos vor: Das wurde für meinen damaligen Kollegen und späteren Mitgründer Stefan Melbinger und mich bereits vor ein paar Jahren in unseren Einstiegsjobs bei einem führenden Telekommunikationsunternehmen deutlich. Dabei fiel mir schon damals auf: Ein Austausch zwischen Menschen aus unterschiedlichen Fachabteilungen wäre eminent wichtig – für die Zusammenarbeit, für die Unternehmenskultur, für das Wohlbefinden der Menschen. Daraufhin haben wir beschlossen: Wir wollen Unternehmen helfen, etwas zu ändern. Wir wollen die Welt vernetzen – durch mehr persönliche Kontaktpunkte.
2. Wie ist daraus die Idee für die Mystery Coffees und Mystery Lunches entstanden und was kann ich mir darunter vorstellen?
Wir haben nach Lösungen gesucht, um Vernetzung über Abteilungen hinweg möglich zu machen. Schnell war für uns klar: Beim Mittagessen gelingt das am besten. Daraus entstand die Idee für eine Plattform, über die Mitarbeitende miteinander in Kontakt kommen: Wir wollten Blind Dates zwischen Kolleg:innen ermöglichen. Den Gedanken haben wir in der Folge immer weiter ausgefeilt – und am Ende stand der Plan, Mystery Lunch zu gründen. Anfangs war das ein nebenberufliches Projekt von Stefan und mir. Doch ein starker Hall bis in Konzerne hinein war schon in kürzester Zeit nicht zu überhören: HR-Abteilungen wurden hellhörig und wollten Mystery Lunch testen. Daher haben wir uns entschieden, unsere Jobs im Konzern zu kündigen und uns vollständig auf das Start-up zu konzentrieren.
3. Wie ging es dann weiter?
Wir sind kontinuierlich gewachsen und haben im Lauf der Zeit weitere Lösungen für Vernetzung entwickelt. Das Ziel lag darin, immer die richtigen Menschen zusammenzubringen. Während der Covid-19-Krise hat sich das vollumfänglich ausgezahlt: In dieser Zeit ist Mystery Coffee zunehmend in den Fokus gerückt. Aus dem Homeoffice heraus konnten die Menschen innerhalb einer Organisation virtuell nicht nur über Abteilungen hinaus, sondern weltweit über Standorte und Länder hinweg in Kontakt kommen. Der Tech-Boom während der Pandemie hat daher auch uns erreicht und unser Wachstum erheblich angekurbelt. Heute, in der Zeit hybriden Arbeitens, sind Unternehmen an beiden Lösungen interessiert. Ein Vorteil liegt darin, dass wir auf individuelle Wünsche sehr individuell eingehen können – das betrifft etwa die Matching-Kriterien. So können wir den Algorithmus so konfigurieren, dass beispielsweise Kriterien wie berufliche Interessen, der Erfahrungshintergrund oder gesprochene Sprachen berücksichtigt werden.
4. Was sind die Vorteile, wenn verschiedene Menschen mittels einer Plattform miteinander vernetzt werden?
Soziale Kontakte machen glücklich und sie helfen, den eigenen Horizont zu erweitern. Deshalb bringt die Teilnahme am Mystery Coffee oder Lunch einen echten Mehrwert: Wichtige Informationen und informelles Wissen können ausgetauscht werden – das hilft dem gesamten Unternehmen. Die interne Zusammenarbeit verbessert sich und es entsteht mehr Verständnis für Prozesse in anderen Abteilungen. Wenn ich zum Beispiel im Controlling tätig bin und die Herausforderungen von IT-Leuten näher kenne, kann ich meine Anfragen viel genauer zuschneiden. Das gilt auch über Standorte und Ländergrenzen hinweg.
5. Welche Effekte resultieren daraus für Unternehmen?
Letztlich tragen mehr Austausch und Vernetzung dazu bei, die Unternehmenskultur zum Positiven zu verändern. Die Innovationskraft steigt, weil Kolleg:innen gemeinsam forschen. Durch Netzwerke wird es Mitarbeitenden außerdem ermöglicht, neue Karriereoptionen in der Firma zu entdecken – das wiederum senkt das Risiko, dass sie berufliche Perspektiven anderswo suchen, etwa beim Wettbewerb. Nicht vergessen dürfen wir auch das Onboarding: Gerade wenn Leute neu in einer Firma starten, ist es von unschätzbarem Vorteil, wenn sie schnell Kontakte in Richtung anderer Abteilungen oder auch anderer Standorte knüpfen können.
6. Geschieht die Einführung der Mystery Coffees/Lunches eher Top Down oder Bottom-up? Falls Top Down, wie ist die Akzeptanz in der Belegschaft?
Die Einführung unserer Lösungen erfolgt meist über die Personalabteilung, alternativ über Unternehmenskommunikation. In manchen Fällen ist es auch das Management, das den Mehrwert sieht und das Thema entsprechend lanciert – doch auch in diesen Fällen wird die Verantwortung in der Regel sehr schnell an HR übergeben. Für Personalabteilungen ist es schön, eine Initiative einzuführen, die mehrheitlich als positiv wahrgenommen wird – und genau das ist bei unseren Lösungen der Fall.
Nach Abschluss der Implementierungsphase braucht es entsprechende Kommunikation: Das Angebot von Mystery Coffee oder Lunch wird beispielsweise mittels Intranet, Printmedien oder durch Infostände vorgestellt. Daran beteiligt sind sowohl HR als auch die Unternehmenskommunikation. Sofern das Interesse von Beschäftigten geweckt wird, können diese sich registrieren – dies geschieht vollständig informell und auf freiwilliger Basis, also ohne jegliche Verpflichtung. Häufig kommt der Stein dann nach der ersten Testphase durch Empfehlungen ins Rollen: Begeisterte Teilnehmende erzählen anderen von ihren positiven Erfahrungen. Der Spaß an der Sache steht im Mittelpunkt.
7. Wird evaluiert, welche Effekte die Angebote in den jeweiligen Unternehmen haben?
Es gibt mehrere Möglichkeiten, die Effekte von Mystery Coffees und Lunches zu bewerten. So steht Unternehmen die Option einer jährlichen Umfrage unter den Teilnehmenden offen. Diese beantworten etwa Fragen danach, wie ihnen die Treffen gefallen und welcher Mehrwert erzielt wurde. Wir freuen uns darüber, dass wir hier durch die Bank stets sehr positive Rückmeldungen erhalten haben – zum Beispiel im Hinblick auf den Austausch und die Kontakte zwischen den Menschen. So steht eine Weiterempfehlungsquote von 95 Prozent zu Buche.
Jede:r vierte Teilnehmende konnte bei einem Mystery Coffee ein konkretes Problem lösen und bei 80 Prozent von ihnen lässt sich durch den Austausch mit einer Kollegin oder einem Kollegen eine Steigerung der Motivation feststellen. Übrigens kann jedes Unternehmen die Kriterien eigenständig festlegen, da Ziele und KPIs sehr individuell sind. Sowohl qualitative als auch und quantitative Kriterien stehen zur Auswahl.
8. Gibt es Beispiele, welche Firmen Ihre Lösungen bereits erfolgreich einsetzen?
Mehr als 250 Unternehmen aus der ganzen Welt setzen inzwischen auf die Lösungen von Mystery Minds. Dazu gehören beispielsweise führende Versicherungen, Banken, Telekommunikationsunternehmen, Automobilbauer – ebenso wie Firmen aus dem Bereich Konsumgüter und Kosmetik. Das zeigt deutlich, dass inzwischen unabhängig von der Branche erkannt wurde, wie eminent wichtig es ist, die Unternehmenskultur durch Vernetzung zu verbessern.
Um ein paar Beispiele herauszugreifen: Ein weltweit tätiger Versicherer setzt auf Mystery Coffee, seit Homeoffice und hybrides Arbeiten zunehmend an Bedeutung gewinnen. Gerade neue Mitarbeitende haben davon Gebrauch gemacht – so wurde das Onboarding erleichtert. Heute ist auch Mystery Lunch fest im Angebot verankert. Eine weitere interessante Referenz ist ein Technologie-Anbieter für Lohnabrechnung: Dort hat Mystery Coffee die Erwartungen deutlich übertroffen. Immer wieder kommen Rückmeldungen, dass die Beschäftigten sehr glücklich sind über gelungene Kaffee-Meetings.
9. Abschließend noch eine persönlichere Frage: Was macht Ihnen selbst so richtig Freude an Ihrer Arbeit?
Gerade angesichts technischer Innovationen ist persönlicher Austausch von hoher Bedeutung. Ich freue mich daher, Teil einer Mission zu sein, mit der wir die Welt menschlicher machen: Indem wir Leute zusammenbringen, Verbindungen schaffen, vielleicht zur Entstehung von Freundschaften beitragen. Die positiven Feedbacks von Firmen und Teilnehmenden bestätigen uns darin, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Als CEO bin ich dabei letztlich Teil eines tollen, hochmotivierten Teams, das diese Vision konsequent verfolgt. Im Alltag bereitet es mir Freude, dass ich die Idee vorstellen darf – beispielsweise als Redner auf Veranstaltungen. Oder indem ich solche Interviews geben darf wie dieses hier.
Wir sprachen mit:
Christoph Drebes ist Geschäftsführer der Mystery Minds GmbH. Der Anbieter von Software-as-a-Service (SaaS) Lösungen mit Sitz in München ermöglicht es Mitarbeitenden mittlerer und großer Unternehmen, sich zu vernetzen. Daraus resultiert für die gesamte Organisation die Chance auf bessere Zusammenarbeit. Damit verbundene Ziele sind der Abbau von Silos und die Etablierung einer zukunftsweisenden Unternehmenskultur. Mehr unter: www.mysteryminds.com
(Interview: Anja Wermann, Redaktion WIRTSCHAFTSPSYCHOLOGIE aktuell)
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