Medienkompetenz als Kernanforderung des Managements verteilter Teams

Unternehmen haben in der Corona-Pandemie einen beachtlichen Digitalisierungsschub vorangebracht. Dennoch leidet die technisch vermittelte Zusammenarbeit in räumlich verteilten Teams weiterhin unter Missverständnissen und Konflikten. Mitarbeitende sollten deshalb nicht nur Software und Endgeräte beherrschen. Sie brauchen auch eine soziale Medienkompetenz und das Wissen, welches Tool zu welcher Aufgabe passt.

Der Einsatz internetbasierter Anwendungen soll die Teamarbeit unterstützen, insbesondere soll er Kollaboration ermöglichen, also eine intensive Form der Zusammenarbeit. Hierfür setzen Unternehmen zunehmend Software ein, die Kommunikation auf Distanz, das Teilen von Daten und Wissen und die Projektorganisation ermöglicht. Bei der Einführung neuer Technologien steht oft die technische Perspektive im Vordergrund. Um das Potenzial dieser Anwendungen ausschöpfen zu können, reicht es aber nicht aus, lediglich die Technologie zur Verfügung zu stellen. Vielmehr muss ihr Einsatz soziotechnisch gestaltet werden (Ulich, o. J.). Teams sollten dadurch befähigt werden, die Anwendungen in ihre Arbeitsprozesse zu integrieren. In diesem Beitrag wird es darum gehen, welch großen Anteil Medienkompetenz am Gelingen der Kollaboration in verteilten Arbeitsgruppen hat.
 

Kollaboration auf Distanz

Kollaboration lässt sich als die höchste Form der Zusammenarbeit beschreiben. Um ein gemeinsames Ziel zu erreichen, unternimmt man dafür gemeinsame Aktivitäten in einem gemeinsamen Kontext, der räumlich oder mental geteilt ist, und nutzt dabei vielleicht auch geteilte Ressourcen. Kollaboration beruht auf Koordination und Kommunikation. Schließlich muss man im Team Aktivitäten abstimmen, um sich auf gemeinsame Ziele hin zu koordinieren. Wofür es wiederum der Kommunikation bedarf, gerade zum Austausch von Informationen und Wissen.

In dieser Definition deuten sich bereits die Schwierigkeiten an, die sich auftun, wenn Kollaboration auf Distanz stattfindet. So kann verteilte Zusammenarbeit über die Grenzen von Organisationen, Ländern und Kulturen hinweg stattfinden. Außerdem kann die Teamarbeit zeitlich versetzt sein, wobei bei der Zusammensetzung internationaler Gruppen auch Zeitzonen überschritten werden.

Die klassische Begriffsbestimmung medienvermittelter Zusammenarbeit verteilter Teams stammt von Jessica Lipnack und Jeff Stamps. Ende der 90er-Jahre, als das Internet zum Massenphänomen wurde, sprachen sie von „virtuellen Teams“:

„Ein virtuelles Team ist – wie jedes andere Team – eine Gruppe von Menschen, die mittels voneinander abhängiger – interdependenter – Aufgaben, die durch einen gemeinsamen Zweck verbunden sind, interagieren. Im Gegensatz zum konventionellen Team arbeitet ein virtuelles über Raum-, Zeit- und Organisationsgrenzen hinweg und benutzt dazu Verbindungsnetze, die durch Kommunikationstechnologie ermöglicht werden.“ (Lipnack & Stamps, 1998, S. 31)

Der technische Fortschritt hat die Kommunikationsmittel erweitert, die verteilte Teams nutzen können. Zu Medien wie Telefon und E-Mail kam Instant Messaging hinzu, das auch Gruppenchats erlaubt. Wiki-Software, bekannt durch die Online-Enzyklopädie Wikipedia, ermöglichte Teammitgliedern kollaboratives Schreiben. Dem schlossen sich Videokonferenzen oder Webmeetings an, also internetbasierte Anwendungen, die einen höheren Informationsgehalt übermitteln. Koordinationstools spielen ebenfalls eine wichtige Rolle, um räumlich verteilte oder asynchrone Zusammenarbeit zu organisieren. Schließlich sind noch Kollaborationsplattformen oder Groupware-Systeme wie MS Teams zu nennen, die Arbeitsgruppen unterstützen.

Mit all der neuen und nicht mehr ganz so neuen Technologie hat sich aber bei der medienvermittelten Teamarbeit auf keinen Fall Routine eingestellt. Das war im Frühling 2020 zu bemerken, als Organisationen zur Eindämmung der Corona-Pandemie Teile ihrer Belegschaft aus den Büros nach Hause schickten. Unternehmen mussten damals Zusammenarbeit und auch Führung auf Distanz erst einmal neu lernen und erproben. Wir haben eine kleinere Studie an der Universität Göttingen durchgeführt (Boos et al., 2021), eine Umfrage unter Führungskräften, die auf einen Schlag mit ihren Teams ins Homeoffice versetzt wurden. Viele der Befragten konnten dabei beobachten, dass sich ihr Führungsverständnis und -verhalten änderten oder sich ändern mussten. Sie mussten viel stärker auf die Selbstorganisation ihrer Teams setzen. Was sie gewohnt waren und vorher praktiziert hatten, die zentrale Führung und Kontrolle, funktionierte nicht mehr gut. Stattdessen musste dezentral, also verteilter geführt werden. Es genügt nicht, Führungskräften und Mitarbeitenden allein das Wissen um die richtige Anwendung von Programmen und Endgeräten zu vermitteln. Es braucht eine ganzheitliche Gestaltung der Arbeit unter diesen neuen, verteilten Bedingungen.

Über die Probleme medienvermittelter Teamarbeit schrieben bereits Lipnack und Stamps vor über 20 Jahren:

„Alles, was bei konventionellen Teams schieflaufen kann, setzt auch virtuellen Teams zu, und oft noch stärker. (...) Das Problem ist nur, dass es um vieles schwieriger ist, über Entfernungen und Organisationen hinweg zu kommunizieren als von Angesicht zu Angesicht.“ (Lipnack & Stamps, 1998, S. 21)

Mag uns auch heute das Smartphone durch den Tag begleiten, Face-to-Face-Kommunikation gilt uns weiterhin als Standard. Wir vergleichen deshalb instinktiv jegliche andere Form der Kommunikation mit dieser „Normalform“, und die braucht das Gegenüber am selben Ort.

Zwei Männer sitzen sich an einem Tisch gegenüber, scheinbar in Unterhaltung. Auf dem Tisch stehen Getränke.

Auch gemeinsame Pausen können hilfreich sein, um kreative Prozesse anzustoßen oder Problemlösungen zu finden. (Foto: Nappy - Pexels.com)

6 typische Probleme beim Management verteilter Gruppen

Wenn nun das physisch anwesende Gegenüber fehlt, tun sich viele der typischen Probleme auf, die verteilt arbeitende Gruppen beeinträchtigen. Zur Erinnerung: Ihre Mitglieder arbeiten räumlich verteilt zusammen, manchmal vielleicht sogar über Zeitzonen hinweg. Sie haben nach wie vor voneinander abhängige Aufgaben wie auch ein Präsenzteam, aber sie kommunizieren über elektronische Medien miteinander. Diese drei Merkmale haben Konsequenzen, die die Gestaltung verteilter Zusammenarbeit zur Herausforderung machen. Fünf dieser Konsequenzen seien hier genannt:

Merkmal räumliche Verteilung

1. Unzureichendes Feedback
Sitzen Teilnehmende einer Konferenz in einem Raum zusammen, teilen sie allein schon durch Mimik und Gestik mit, ob sie ein Redebeitrag interessiert oder ob sie ihn überhaupt für verständlich halten. Doch wenn Sichtkontakt fehlt, kann kein nonverbales Feedback übermittelt werden. Wird dies nicht bewusst ausgeglichen, kann die Motivation leiden oder falsches Verhalten nicht korrigiert werden. So mögen Missverständnisse auftreten, die dann vielleicht später den Arbeitsprozess stören.

2. Konfliktsignale werden schlechter erkannt
Wenn direkte Kommunikation fehlt, auch informeller Natur, lässt sich die Stimmung in einer Gruppe oder eines Interaktionspartners nur schwer einschätzen. Selbst Videokonferenzen sind nicht dagegen gefeit. So kann es geschehen, dass man Missverständnisse oder Konflikte nicht oder zu spät bemerkt. Doch nicht wahrgenommene Konflikte drohen zu eskalieren, noch bevor man eingreifen kann. Erschwerend kommt hinzu, dass bei kanalreduzierten Formen der Kommunikation oder beim Fehlen von Kontextinformationen über den Interaktionspartner (zum Beispiel: Nach welchen Regeln richten sich Beschäftigte anderer Organisationen? Welche kulturellen Eigenheiten sind bei Mitarbeitenden aus dem Ausland zu berücksichtigen?) allgemein menschliche Urteilsverzerrungen auftreten, etwa der fundamentale Attributionsfehler.


Fundamentaler Attributionsfehler bei kanalreduzierter Kommunikation

Beim fundamentalen Attributionsfehler handelt es sich um eine systematische Verzerrung in unserer Wahrnehmung und unserer Urteilsbildung. Nach Pettigrew (1979) bewirkt dies, dass man Probleme in der sozialen Interaktion der anderen Person zuschreibt und nicht der Situation. Man kennt die eigene Situation während der Interaktion, aber nicht oder nicht ausreichend die des Gegenübers. Treten Probleme in der Kommunikation auf, erklärt man sie für sich selbst situativ, aber die Ursache sucht man in der anderen Person. Vielleicht denkt man dann, das Gegenüber sei inkompetent oder nicht motiviert genug, um zum Gelingen der Kommunikation oder Teamarbeit beizutragen – ein falsches Urteil, das zu Konflikten führen kann.

Gerade medienvermittelte Kommunikation ist sehr anfällig für diese Art der Urteilverzerrung. Schließlich muss man darin mit weniger Kommunikationskanälen auskommen. Außerdem fehlt es an individualisierender und Kontextinformation, die es im direkten Kontakt ermöglichen, das Verhalten anderer Interaktionsteilnehmer aus ihrer Situation heraus zu erklären und nicht als Ausdruck persönlicher Eigenheiten zu werten.


 

Merkmal Aufgabenabhängigkeit

3. Unterschiedliche Aufgabenpriorisierungen
In der Teamarbeit ist der Fortschritt vom Zusammenwirken aller Beteiligten abhängig. Eigene Arbeitsschritte mögen sich verzögern, weil man auf das Ergebnis eines anderen Gruppenmitglieds angewiesen ist. Gerade in verteilten Teams droht die Gefahr, dass die Arbeitsschritte nicht gut genug koordiniert sind. Hinzu kommt vielleicht, dass Teammitglieder in verschiedenen Gruppen tätig sind und mit einem Überschuss an Arbeitsanfragen konfrontiert sind. Sie müssen deshalb bei ihren Aufgaben Prioritäten setzen. Kommunizieren sie aber ihre Gewichtung nicht ausreichend, kann das in dem Team, in dem sie sich weniger stark engagieren, Verzögerungen im Workflow und in den Arbeitsabläufen zur Folge haben, was dort wiederum die Arbeitsbeziehungen beeinträchtigt.

Merkmal virtuelle Kommunikation

4. Inadäquate Mediennutzung
Auch altbekannt scheinende elektronische Medien werden manchmal falsch eingesetzt. Formuliert man zum Beispiel eine aufgabenbezogene E-Mail zu allgemein, kann das Verständnisprobleme bei der Empfängerin auslösen. Sie mag zur Klärung noch mal nachfragen, was die Zusammenarbeit verzögert. Überhaupt braucht es Kommunikationsregeln beim Umgang mit technischen Medien, zum Beispiel bei Videokonferenzen. Fehlt es daran, hat das einen großen Anteil an inadäquater Mediennutzung. Eine insgesamt schlechtere Zusammenarbeit ist dann die Folge.

5. Unpassende Medienwahl
Nicht jedes Medium ist für beliebige Zwecke geeignet. Doch werden Medien unabhängig von der Aufgabe sowie von strukturellen und interpersonellen Einflüssen gewählt, kann dies zum Scheitern der Zusammenarbeit führen. Forschung zum Brainstorming (Diehl & Stroebe, 1987) hat zum Beispiel gezeigt, dass sich dabei Face-to-Face-Kommunikation wenig bewährt. Das heißt, es ist nicht sehr effektiv, zur Ideengenerierung Mitarbeitende um einen Tisch herum zu gruppieren, wo sie dann ihre Einfälle einbringen und diskutieren sollen. Besser läuft es in einer „nominellen“ Gruppe, in der jedes Mitglied erst individuell Ideen sammelt, etwa mit der Kreativitätstechnik Brainwriting oder über ein elektronisches Brainstorming-Tool. Ihre Resultate können die Mitarbeitenden anschließend in einem Pool ablegen oder in größerer Runde vorstellen und dann erst diskutieren.

Frau sitzt an einem Schreibtisch, man sieht sie von hinten. Sie telefoniert. In der Hand hält sie ein weiteres Handy. Vor ihr auf dem Tisch steht ein Bildschirm.

Welches Programm, welcher Kommunikationsweg eignet sich in diesem Fall am besten? Bei der Fülle an Möglichkeiten bedeutet Medienkompetenz auch, hier passend wählen zu können. (Foto: Karolina Grabowska - Pexels.com)

Die drei Dimensionen der Medienkompetenz

Wer in einem verteilten Team mitarbeitet, muss sich also mit Fragen der passenden Medienwahl und der richtigen Mediennutzung beschäftigen. Insbesondere Führungskräfte, die solche Teams auf Distanz leiten, sind hierbei gefragt. Die Kombination der genannten medienbezogenen Fähigkeiten lässt sich als Medienkompetenz bezeichnen. Diese Kompetenz ist in Anlehnung an Winterhoff-Spurk (1997) als ein mehrdimensionales Konstrukt zu verstehen. Auf einer basalen Ebene ist es zum Beispiel bei der Teilnahme an einer Videokonferenz erst einmal wichtig, dass man weiß, wie sich der eigene Bildschirm teilen lässt. Das wäre die technische Dimension der Medienkompetenz. Doch mit der richtigen Handhabung von Software oder technischen Geräten allein ist es nicht getan. Es braucht für die Arbeit in verteilten Teams auch eine aufgabenbezogene und eine soziale Medienkompetenz.

Die aufgabenbezogene Medienkompetenz liegt darin, Informations- und Kommunikationstechniken sowie andere Werkzeuge angemessen in die eigenen Arbeitsabläufe einzubinden. Man wählt also zu jeder Aufgabe das passende Medium. Verbunden damit ist eine soziale Medienkompetenz: Man weiß, welche psychologischen Charakteristika ein Medium oder ein Werkzeug hat. So stellt man sich bei der Arbeit mit einem kanalreduzierten Medium darauf ein, dass – wie zuvor beschrieben – die Gefahr einer fundamentalen Attributionsverzerrung wächst. Kennt man diese Problematik, kann man sie besser kompensieren.
 

Task-media fit model: Welches Medium passt zur Aufgabe?

Hilfreich bei der Reflexion der aufgabenbezogenen Medienkompetenz ist das Task-media fit model (McGrath & Hollingshead, 1993). Die senkrechte Achse in der Abbildung listet verschiedene Aufgabentypen mit anwachsender Informationsanforderung auf, von der Ideengenerierung über die Entscheidungsfindung bis zur Verhandlung, zum Beispiel zum Lösen eines Konflikts. Auf der waagerechten Achse folgen Medien mit zunehmendem Kanalreichtum und Informationsgehalt aufeinander. Es beginnt bei computergestützter schriftlicher Mediennutzung, wie Textverarbeitung, E-Mail oder Chat, und reicht über Gespräche über ein Audiosystem wie das Telefon und die im Vergleich dazu kanalreichere Videokonferenz bis hin zur Face-to-Face-Kommunikation. Wie gut passen nun Aufgaben und Medien zusammen? Das lässt sich an der Diagonalen im Modell ablesen.

Task-media fit model nach McGrath & Hollingshead

Task-media fit model nach McGrath & Hollingshead

Bei einer Ideengenerierungsaufgabe sollte man eigentlich nur das Problem kennen und kann dann loslegen. Wer Ideen sammelt, muss dabei kaum kommunizieren oder sollte – wie die oben genannte Forschung zum Brainstorming belegt – auch gar nicht kommunizieren. Koordination ist dabei ebenfalls nicht notwendig, auch Kollaboration schließt erst später daran an. Ist aber eine Entscheidung zu treffen, wird es komplizierter. In diesem Fall muss man sich im Team darüber verständigen, welche Kriterien für eine gute Entscheidung anzulegen sind, ob man bis zum Erreichen eines Konsenses diskutieren möchte oder eine Abstimmung vorzieht. Das heißt, man muss viel mehr kommunizieren und koordinieren, um eine solche komplexere Aufgaben erledigen zu können. Schriftverkehr ist für diesen Zweck nicht gut geeignet.

Eine Verhandlungsaufgabe ist noch komplexer und braucht deshalb noch mehr Kanäle. Eine Gehaltsverhandlung oder die Lösung eines Konflikts in einer Arbeitsbeziehung sollte man beispielsweise mit einem reichhaltigeren Medium angehen. Denn man muss dabei berücksichtigen, dass für eine Verhandlung auch nonverbale oder paraverbale Kanäle nötig sind. Deutet sich doch Kompromissbereitschaft auch nonverbal an, sei es durch ein Lächeln oder ein Schulterzucken. Das sind wesentliche Informationen, die weniger reichhaltige Medien nicht übermitteln. Face-to-Face-Kommunikation wäre also für eine Konfliktlösung zu bevorzugen. Schließlich soll das Gespräch möglichst transparent und nachvollziehbar sein und in einem geschützten Raum ablaufen. Eine Dienstbesprechung hingegen lässt sich aber auch gut in einer Videokonferenz durchführen. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Passung von Aufgaben und Medien:

Situation/Aufgabe Erfolgsfaktor Geeignetes Medium
Gruppenmitglieder informieren Verständlichkeit der Information E-Mail
Kurze Anfrage/Info Antwortgeschwindigkeit Telefon, Messenger
Ideengenerierung Kollektiver Austausch Wiki
Konfliktlösung Transparenz; keine passiven Zuschauer Face-to-Face-Kommunikation
Besprechung Vielfältige Kommunikationskanäle Web- oder Videokonferenz
Informelle Kommunikation Bewusste Kommunikation Gruppenchat im Messenger, Videokonferenz
Verantwortliche/Expert:in konsultieren Metawissen über Expertise der Expert:innen Profil im Intranet oder in Social Media

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Doch nicht immer hat man bei Medien oder Kommunikationssituationen die freie Wahl. Das gehört auch zu den einschneidenden Erfahrungen der Corona-Pandemie: Während der Einschränkungen des sozialen und beruflichen Lebens mussten die verfügbaren technischen Medien für alle möglichen Zwecke herhalten, ob sie nun dafür geeignet waren oder nicht.

Eine Dimension von Medienkompetenz liegt nun darin, mit einer beschränkten Auswahl von Medien richtig umzugehen. Dafür sollte man sich die Defizite des Mediums, auf das man angewiesen ist, bewusst machen. Dann kann man sie besser kompensieren. Hat man zum Beispiel nur die Möglichkeit, schriftlich zu kommunizieren, fehlt die nonverbale Ebene der Kommunikation. Doch wie lässt sich Mimik wie ein Lächeln oder ein fröhliches Gesicht ersetzen? Indem man sozio-emotionale Inhalte, Lob, Anerkennung und Freude explizit verbalisiert, also im Medium der Schrift ausdrückt.
 

Medienkompetenz unterstützen und trainieren

Man kann also selbst bei einer grundlegenden Kulturtechnik wie dem Schreiben noch etwas dazulernen. Viele altbekannt scheinende Kommunikationsmittel muss man tatsächlich neu gebrauchen und anders denken, um die Interaktion in verteilten Teams erfolgreich zu gestalten. Die mehrdimensionale Medienkompetenz ist dadurch Kernanforderung der Teamarbeit auf Distanz. Eine gute Nachricht: Sie lässt sich lernen, und man kann andere darin unterstützen oder trainieren. Dies trifft nicht nur auf verteilte Teams zu. Auch die Face-to-Face-Kommunikation innerhalb von Präsenzteams lässt sich verbessern. Hier sind einige Ansatzpunkte:

  • Aktiv kommunizieren
  • Kontextinformationen bereitstellen
  • Direktes Feedback einholen und geben
  • Sozio-emotionale Informationen übermitteln
  • Umfassend kommunizieren (vier Seiten einer Nachricht)
  • Sichere Ergebnisse (Visualisierung)
     

Fazit

Die Wahl des Mediums beeinflusst die Effektivität der Kommunikation. Mit einer bewussten Wahl des Mediums lässt sich der Erfolg von Teams beeinflussen. Jedoch kann dabei das Medium nicht immer frei gewählt werden. Defizite eines Mediums können dann durch kompetentes aufgabenbezogenes Kommunikationsverhalten (und dessen Training/Unterstützung) ausgeglichen werden.

 

Dieser Beitrag von Prof. Dr. Margarete Boos basiert auf einem Vortrag auf dem 1. Fachtag Wirtschaftspsychologie und Innenarchitektur „Arbeitswelten zur Potenzialentfaltung“ am 12. und 13. März 2021.