Homeoffice – Leidet oder steigt die Produktivität?

„Zu Hause bin ich viel produktiver“ – so die Überzeugung vieler Arbeitnehmer:innen, die die Möglichkeit haben, im Homeoffice zu arbeiten. Studien liefern widersprüchliche Ergebnisse. Doch wie ist die Lage wirklich? Und was können Arbeitgeber:innen und Führungskräfte tun, um die Arbeit von zu Hause aus gesund und produktiv zu gestalten? 

Homeoffice, also das Arbeiten von zu Hause aus, ist eine spezifische Form mobilen Arbeitens, bei der die Beschäftigten ihre Arbeit nach Absprache mit dem Arbeitgeber teilweise aus dem privaten Umfeld heraus ausführen (ifaa, 2019). Bereits vor Beginn der Corona-Pandemie war die Anzahl der Beschäftigten im Homeoffice gestiegen (Krause-Pilatus, 2019); die Pandemie hat aufgrund von erforderlichen Arbeitsschutzmaßnahmen und Mobilitätseinschränkungen den Trend noch einmal deutlich verschärft: Laut einer Studie des Bayerischen Forschungsinstituts für Digitale Transformation (bidt, 2020) arbeiteten im Jahr 2020 43 % der internetnutzenden Berufstätigen von zu Hause aus, im Jahr 2022 waren es 55 % (bidt, 2024). 

Homeoffice heute 

Vier Jahre nach der Pandemie hat sich die Situation gewandelt: Wurde die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten bzw. Beschäftigte ins Homeoffice zu schicken, von Unternehmen und Angestellten auch kurz nach der Pandemie noch sehr geschätzt und rege genutzt, ist der Trend mittlerweile rückläufig: Im Herbst 2024 arbeiten nach bidt (2024) nur noch 39 % der Beschäftigten in Deutschland ab und zu im Homeoffice und lediglich 23 % tun dies mehrmals pro Woche. Die Gründe für diesen Rückgang sind vielfältig: So zweifeln Unternehmen, dass das Niveau von guter Zusammenarbeit und Produktivität aus der Ferne gehalten werden kann, sowie viele Beschäftigte die Isolation und die fehlenden Kontaktmöglichkeiten als belastend empfanden, sich im Homeoffice abgelenkt fühlten oder eine feste Struktur vermissten. 

Was bedeutet „produktiv“? 

Als „Produktivität“ bezeichnet man im Allgemeinen das Verhältnis von einem Ergebnis zum Aufwand, der für das Ergebnis erforderlich ist. Die „Arbeitsproduktivität“ ist somit eine Kennzahl für die Wertschöpfung durch den Arbeitseinsatz: Dabei steht die Wertschöpfung in einem direkten Verhältnis zum Ergebnis, das wiederum direkt von der Arbeitsleistung abhängt. Einfluss darauf haben z. B. eingesetztes Personal, Maschinen und andere Arbeitsmittel (REFA, 2024). Anders als z. B. bei der Arbeit am Fließband werden im Homeoffice oft Leistungen erbracht, die nicht nach dem Prinzip „Arbeitserzeugnisse pro Zeiteinheit“ quantifizierbar sind (z. B. Führungsaufgaben, Gespräche, Konzepterstellung, Ideenentwicklung). 

Wie leistungsfähig bzw. produktiv ein Mensch ist, hängt neben den individuellen Voraussetzungen (z. B. Gesundheit, Intellekt, Auffassungsgabe, analytische Fähigkeiten, Wortgewandtheit, Motivlage) auch davon ab, in welcher Umgebung (z. B. störungsfrei, anregend, ergonomisch günstig) man arbeitet und welche Arbeitsmittel (z.  B. Zugang zu Informationen, digitale Infrastruktur) zur Verfügung stehen. Das Wissen um diese Faktoren verdeutlicht den hohen Komplexitätsgrad, dem mit einer individuellen Zielvereinbarung zwischen Führungskraft und Beschäftigtem begegnet wird: „Management by Objectives“. Hierbei werden konkrete Ziele gemeinsam definiert, deren Erreichung nach einer vorab ebenfalls definierten Zeit durch die Führungskraft bewertet wird. Man könnte vermuten, dass „Arbeit pro Zeiteinheit“ auch hier gilt und die Messbarkeit der Produktivität letztlich doch quantifizierbar ist – jedoch unterscheiden sich die Aufgaben, die innerhalb dieses Zeitraums (häufig 6 Monate oder ein Jahr) bearbeitet werden sollen, häufig stark von denjenigen Aufgaben, die in einem anderen Zeitraum zu bearbeiten sind. So ist für eine junge Consultant die Beratung eines Unternehmens im asiatischen Ausland im ersten Jahr vermutlich deutlich aufwändiger als die Betreuung eines internen Projekts im zweiten Jahr – aber ist sie deshalb im zweiten Jahr weniger produktiv? Je unterschiedlicher und komplexer die Aufgaben von Beschäftigten sind, desto schwieriger wird die Bewertung der Produktivität. 

Was wirkt sich förderlich auf die Produktivität im Homeoffice aus? 

Obwohl die Produktivität von Arbeit im Homeoffice nur in wenigen Fällen gut messbar ist, können Arbeitgeber:innen und Beschäftigte einiges dafür tun, dass sie nicht oder kaum leidet oder sogar verbessert wird:  

Die Arbeit vor Ort fördert den Austausch unter Kolleg:innen sowie mit Führungskräften. Kommunikation (Nachfragen, Rückversichern, Diskutieren, Brainstorming) gelingt schneller und flüssiger, wenn Menschen sich begegnen, da die „Hürde“ des virtuellen Meetings bzw. des Anrufens entfällt. Aber auch die zwischenmenschliche Kommunikation wie ein Lächeln oder ein kurzes Feedback ist aus der Ferne deutlich reduziert.  

  • Vereinbaren Sie Präsenz-Tage vor Ort im Unternehmen, um Austausch zu gewährleisten und Isolation vorzubeugen. 
  • Legen Sie Regeln der Erreichbarkeit fest und definieren Sie Kommunikationswege für verschiedene Informationsarten. 
  • Nutzen Sie Präsenztage auch für informelle Gespräche und persönliches Feedback. 

Die Arbeit im Homeoffice fordert Beschäftigte in Bereichen, die ggf. bei der Arbeit vor Ort weniger wichtig sind. Dazu gehören z. B. Selbstorganisation, Kommunikations- und Medienkompetenzen, Selbstständigkeit, Flexibilität und Eigenverantwortung

  • Prüfen Sie, welche Aufgaben idealerweise vor Ort oder im Homeoffice erledigt werden sollen. 
  • Hinterfragen Sie Vor- und Nachteile von der Arbeit im Homeoffice (Zeitmanagement, Tagesstruktur, Ruhe/Ablenkung). 
  • Planen Sie regelmäßige Gespräche mit ihren Beschäftigten zum Thema Homeoffice ein: Ist die Arbeit im Homeoffice noch sinnvoll? Verliert der oder die Beschäftigte den Anschluss ans Team? Hat er oder sie zu Hause adäquate Rahmenbedingungen, um eigenverantwortlich gesund zu arbeiten und sich nicht ablenken zu lassen bzw. zu überfordern? 

Wie viel Führung ist notwendig? 

Befinden sich Mitarbeitende und Führungskraft nicht an demselben Ort, ist Metakommunikation überaus wichtig.  

  • Loten Sie in Gesprächen aus, wie häufig bei überwiegender Tätigkeit im Homeoffice ein Update zwischen mit Beschäftigten stattfinden sollte und wo die Grenzen zwischen Vertrauen und Kontrollieren liegen.  
  • Vereinbaren Sie, wenn notwendig, ein kurzes Gespräch zum Wochenstart.  
  • Gibt es Hindernisse/Ablenkungen bei der Arbeit? Wie können Sie Mitarbeitende unterstützen? 

Leistungsbeurteilung im Homeoffice  

Wenn die physische Anwesenheit im Unternehmen an Bedeutung verliert, tritt stattdessen häufig das Erreichen vereinbarter Ziele als Bewertungsmaßstab in den Vordergrund. Dafür sind Zielvereinbarungen zentral. Beschäftigte übernehmen (mehr) Verantwortung zur Zielerreichung und erhalten dazu mehr Freiheitsgrade und Gestaltungsspielräume. 

  • Vereinbarte Aufgaben, Ziele und deren Erreichung sollten in einem Monitoring festgehalten werden. 
  • Wie bei der Arbeit vor Ort gilt auch hier, dass die angetragene Arbeit den Ressourcen des oder der Beschäftigten angemessen sein sollten, damit sie zur Erreichung ihrer Ziele nicht bewusst ihre Gesundheit gefährden. In Fällen der „interessierten Selbstgefährdung“ verzichten manche Beschäftigte nämlich auf Pausen, arbeiten an Wochenenden oder obwohl sie krank sind, um die gesetzten Ziele zu erreichen, da sie dies aufgrund der körperlichen Abwesenheit als den einzigen Bewertungsmaßstab für ihren Erfolg ansehen. 
  • Sprechen Sie daher über benötigte Arbeitszeiten zur Erledigung von Aufgaben und dokumentieren Sie die Arbeitszeiten. 

Homeoffice: Produktivitätsbooster oder -killer? 

In den vergangenen Jahren wurden viele Studien und Umfragen zur Produktivität im Homeoffice publiziert – mit teilweise konträren Ergebnissen: So identifiziert eine Studie des ifo-Institutes Homeoffice in Vollzeit als langfristigen Produktivitätskiller (ifo, 2023), wohingegen die Befragten einer Fraunhofer-Studie die Produktivität zu 51,3 % als gleichgeblieben, zu 32,3 % als etwas gestiegen und zu 6,5 % als stark gestiegen empfanden (Fraunhofer IAO, 2023).  

Ein Forschungsteam vom ifaa (2024) kam mittels der Analyse aktueller Studien und angewandter Konzepte zu dem Schluss, dass die genannten Studien keinen wissenschaftlich haltbaren Beleg für die These erbringen, dass die Beschäftigten im Homeoffice produktiver sind als im Büro, da bei diesen Studien primär von einer subjektiven Selbst- bzw. Fremdeinschätzung ausgegangen wird und die Parameter für die Ermittlung der Produktivität sowohl im Büro als auch im Homeoffice nicht konkret genannt werden. Für belastbare Aussagen müssten mindestens die Parameter der Produktivität genannt und messbar operationalisiert werden. Hier ist weitere (arbeitswissenschaftliche) Forschung erforderlich, die sich mit den genannten Fragen empirisch und soziotechnisch auseinandersetzen. 

Fazit 

Eine pauschale Aussage dazu, ob Homeoffice ein Produktivitätskiller oder -booster ist, kann nicht getroffen werden. Arbeitgeber:innen sollten daher individuell prüfen, welche Aufgaben sich für die (teilweise) mobile Ausübung eignen und wie diese optimal gestaltet werden können. Denn Homeoffice sollte nur dann stattfinden, wenn sich dadurch für Arbeitgeber und Beschäftigte Vorteile ergeben und die Produktivität nicht leidet. 

Literaturliste zum Download 

Zum Weiterlesen 

Altun, U. (2018). Checkliste zur Gestaltung mobiler Arbeit. ifaa, Düsseldorf.

ifaa – Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V. (Hrsg). (2020b). Ganzheitliche Gestaltung mobiler Arbeit. Springer, Berlin.