Neue Arbeitswelten, neue Methoden: Mood Boards in der Unternehmensberatung
Mood Boards sind nicht nur in der Designbranche ein sinnvolles Tool, sondern lassen sich auch in der Unternehmensberatung einsetzen. Sie punkten durch Partizipation und Empowerment und tragen dazu bei, dass Veränderungen sinnvoll und langfristig wirksam etabliert werden können. Wie können Sie Mood Boards nutzen und welche Hürden gilt es zu beachten?
Moderne Arbeitswelten im Sinne von New Work sollen so auf Mitarbeitende zugeschnitten sein, dass diese selbstwirksam, zufrieden, sinnerfüllt und dadurch auch leistungsstark arbeiten. Für die Gestaltung solcher Arbeitsumgebungen lassen sich Mood Boards gezielt einsetzen. Die Methode geht über das Erfassen gestalterischer Design-Präferenzen wie Farben oder Atmosphären hinaus: Sie regt Mitarbeitende an, eine Vision für ihre künftige Arbeitswelt und Zusammenarbeit zu entwickeln. Durch gemeinsame Reflexion wird nicht nur das gegenseitige Verständnis gefördert, sondern die Mitarbeitenden werden in den Veränderungsprozess eingebunden, was die anschließende Umsetzung von Maßnahmen unterstützt.
Was sind Mood Boards?
Mood Boards sind in vielen Design-Disziplinen verbreitet und verfolgen in ihrer Grundform zwei Hauptziele: das Sammeln und Strukturieren von Ideen sowie die Förderung von Inspiration und Kreativität (Edwards et al., 2009; Koch et al., 2020). Es gibt aber nicht die eine Art, ein Mood Board zu erstellen. Mood Boards können digital oder haptisch, monochrom oder bunt gestaltet werden, sie lassen sich durch Textur, Bewegung oder Klang erweitern und können je nach Zielsetzung unterschiedlich abstrakt sein (Edwards et al., 2009; Koch et al., 2020; Lucero, 2012).
In seiner Essenz ist ein Mood Board ein multisensorisches Kommunikationsmittel, da sich die Erstellung und Bearbeitung häufig mit Feedback und Diskussionen abwechseln, bis ein kohärentes finales Mood Board entsteht. Ziel ist ein gemeinsames Verständnis – sei es für eine Idee, eine Vision oder ein Design (Edwards et al., 2009; Koch et al., 2020; Lucero, 2012).
Mood Boards als Tool für die Unternehmensberatung
In Designbereichen gehören Mood Boards längst zum Standard. Mit wenigen Spezifikationen können sie auch in der Unternehmensberatung als innovatives Tool zur Optimierung von Veränderungsprozessen im New-Work-Kontext eingesetzt werden.
New Work steht für eine Gestaltung von Arbeit, die Selbstwirksamkeit, Sinnhaftigkeit und persönliche Entwicklung fördert (Schneider, 2020). Zu beliebten Maßnahmen zählen mitunter aktivitätsbasierte Bürokonzepte, bei denen Büroräume in verschiedene Zonen aufgeteilt werden: z. B. für Meetings, konzentriertes Arbeiten, Ruhe, Weiterbildung oder Carearbeit (Schölmerich et al., 2023).
Studien zeigen: Mitarbeitende sind zufriedener mit neuen Raum- und Arbeitskonzepten, wenn sie aktiv in den Veränderungsprozess eingebunden werden (Sirola et al., 2022). Mood Boards bieten hierfür eine ideale Grundlage. Sie machen abstrakte Ideen und Bedürfnisse greifbar und erleichtern den Austausch über Wünsche, Visionen und Herausforderungen. Gleichzeitig passen sie perfekt zu den Prinzipien von New Work: Sie sind flexibel, fördern Kreativität und ermöglichen Partizipation, was Mitarbeitende empowert (z. B. Lorra, 2020). Dies ist ein zentraler Baustein für den Erfolg von Veränderungsprozessen (Kötter et al., 2009).
Ablauf eines Mood Board Workshops
Es lassen sich 10 Phasen der Entwicklung von Mood Boards als Workshopübung formulieren.
- Planung: Zuerst gilt es, ausreichend Materialien (z. B. Naturmaterialien, Textilien, Papier, Druckmaterialien, Farben, Oberflächen, Knöpfe, Sticker, Federn, Glasmosaik) zu beschaffen sowie einen Überblick über die Zusammensetzung, den Hintergrund und die Erfahrung der Teilnehmenden mit kreativen Methoden zu erhalten.
- Vorbereitung: Zugunsten vielfältiger Perspektiven wird die Großgruppe in mindestens zwei Kleingruppen unterteilt, die jeweils ein Mood Board gestalten. Die Gruppen definieren gemeinsam das Thema, Abstraktionsniveau und Ziel für das Mood Board. Es können z. B. Mood Boards erstellt werden mit einem Bezug auf die Veränderung der Büroumgebung oder auf die Veränderung der Arbeitsweisen einzelner Abteilungen (Edwards et al., 2009).
- Erste Reflexion: Jede Kleingruppe definiert 5-7 Adjektive oder Begriffe, welche die Zielidee, Vision oder Atmosphäre ihres Mood Boards beschreiben sollen. Die Begriffe werden nicht mit anderen Gruppen geteilt und dienen später als Reflexionsgrundlage. In Einzelarbeit suchen die Teilnehmenden zu den Adjektiven passendes Material heraus.
- Materialsichtung: Die Materialien werden in der Kleingruppe zusammengetragen und es findet eine gemeinsame Auswahl statt. Dieser Prozess wird auch als „making sense of the material“ bezeichnet und ist ein bedeutsames Reflexionsmoment (Koch et al., 2020).
- Arrangement: Innerhalb der Gruppe werden die Materialien lose zu einem Mood Board drapiert.
- Zweite Reflexion: Die Teilnehmenden betrachten die Ergebnisse der anderen Gruppe in einer „stillen“ Phase und notieren auf Post-its ihre Gefühle, Eindrücke, Ideen und Assoziationen – möglichst in Form von Adjektiven. Diese Notizen werden um das Mood Board herum platziert.
- Dritte Reflexion: Die Assoziationen der anderen Gruppe werden mit den ursprünglichen Begriffen bzw. Adjektiven verglichen. Konnte die Gruppe mit ihrem Mood Board ihre Ideen vermitteln? Hat sie die anvisierte Raumatmosphäre geschaffen? Durch Vergleich und Austausch werden Widersprüche und Paradoxien sichtbar (Lucero, 2012).
- Finalisierung: Nach der Reflexion kann das Mood Board angepasst werden – entweder durch eine Neukonstellation von Materialien oder durch die Auswahl neuer Materialien. Dieser Prozess kann iterativ in ein bis zwei Runden erfolgen. Die finale Befestigung der Elemente des Mood Boards findet erst am Ende der Übung stat.
- Vierte Reflexion: Die Kleingruppen stellen einander ihre Mood Boards und deren Entstehungsprozess vor und diskutieren entstehende Rückfragen.
- Abschluss: Die Gesamtgruppe kann den Prozess für ein gemeinsames Mood Board wiederholen. Außerhalb des Workshopkontextes und für den weiteren Veränderungsprozess kann das fertige Mood-Board als Visualisierungs- und Kommunikationstool genutzt werden.

So könnte ein fertiges Mood Board aussehen (Foto: Roy Schulz GmbH / B-ROOM)
Stolpersteine des neuen Tools
Beim Einsatz von Mood Boards gibt es einige Herausforderungen:
1. Unbewusste Lenkung und eingeschränkte Perspektiven
Faktoren wie Geschlecht, Alter, Vorerfahrungen, Bildungsgrad und Funktion können den Prozess der Erstellung eines Mood Boards beeinflussen. Diversität im Team hilft, solche Einschränkungen zu minimieren, verschiedene Blickwinkel einzubringen und kreativere Ergebnisse zu erzielen (Bell et al., 2011).
2. Ungewohnte visuelle Kommunikation
Mood Boards dienen der Kommunikation über Dinge wie Atmosphäre oder Gefühle, die teilweise schwierig in Worte zu fassen sind. Manche Teilnehmende sind es zudem nicht gewohnt, sich visuell auszudrücken. Erste Studien zeigen jedoch, dass Designer*innen und Laien in der Interpretation von Emotionen bei Mood Boards nicht weit auseinanderliegen (Chan et al., 2014).
3. Zeitmanagement
Den oben skizzierten Ablauf zur Erstellung von Mood Boards haben wir an den Arbeitskontext bewusst angepasst. Beispielsweise haben wir eine Vorauswahl von passendem Material durch die Workshopleitung eingeplant, da die Materialsuche viel Zeit in Anspruch nehmen kann (Koch et al., 2020). Natürlich kann zusätzliches Material im Vorfeld durch Teilnehmende gesammelt und im Workshop eingebracht werden.
4. Einbettung in den Gesamtprozess
Damit ein Mood Board als partizipative Maßnahme wirken kann, muss es von den Mitarbeitenden selbst erstellt werden sowie in die weitere Arbeitsgestaltung einfließen und an andere Beteiligte im Veränderungsprozess kommuniziert werden. In der Praxis werden die erstellten Mood Boards somit an die zuständigen Fachkräfte der Raumplanung und Innenarchitektur übergeben. Dabei geht es nicht um eine exakte Umsetzung von Visualisierung und Materialien, sondern um eine Übersetzung der Ideen der Mitarbeitenden durch eine*n Fachexpert*in. Es ist wichtig, Mitarbeitenden transparent zurückzuspielen, wie ihre Vorschläge umgesetzt werden. Dadurch wird echte Mitgestaltung ermöglicht.
Mood Boards und Design Thinking
Die dargestellte Nutzung von Mood Boards zeigt klare Anknüpfungspunkte an das Design Thinking, eine Methode, die Menschen strukturiert in einem Lösungsfindungs- und Ideenprozess begleitet (Endrejat & Kauffeld, 2017; Endrejat et al., 2019; Roth et al., 2020). Beide Methoden haben einen iterativen Prozessansatz, sind nutzerzentriert und erlauben die Partizipation von Mitarbeitenden in Veränderungsprozessen (z. B. Endrejat & Kauffeld, 2017; Roth et al., 2020). Jedoch legen Mood Boards einen besonderen Schwerpunkt auf visuelle, haptische und gestalterische Aspekte. Dies ermöglicht ein Lernen und Erleben über ein künstlerisches Vorgehen (z. B. Sandberg et al., 2022), und geht über die Strategien des Design Thinking hinaus.
Fazit
Mood Boards sind eine wertvolle Ergänzung zu etablierten Methoden wie dem Design Thinking, insbesondere in komplexen Veränderungsprozessen, in denen die Emotionen der Organisationsangehörigen besondere Beachtung finden müssen und ein Tool benötigt wird, das stark auf Kreativität und Empathie setzt. Indem Teilnehmende Ideen und Emotionen konkret und intuitiv visualisieren können, bereichern sie den Gestaltungsprozess und es öffnen sich neue Perspektiven.