Die robuste fünf Typen-Lösung

Oberflächliche und tiefe Emotionsarbeit

Allison Gabriel forscht an der Virginia Commonwealth University im US-amerikanischen Richmond zu Gefühlen bei der Arbeit. Zusammen mit Kollegen hat sie im Journal of Applied Psychologyjetzt zwei Studien zu Typen der Emotionsarbeit vorgelegt.

Emotionsarbeit ist das Bemühen, positive Emotionen zu zeigen und negative zu unterdrücken, damit Kunden zufriedener werden und im Servicebereich mehr geleistet wird. Bislang unterschied man vor allem zwei Arten von Emotionsarbeit: 1) Oberflächenhandeln(Surface Acting), mit dem die gewünschten Gefühle oberflächlich vorgetäuscht werden und man eigentlich anders fühlt, und 2) Tiefenhandeln (Deep Acting), bei der versucht wird, seine Gefühle tiefergehend so zu ändern, dass sie den gewünschten entsprechen.

Zwei Studien mit Servicemitarbeitern

Studien zeigten, dass die Oberflächenstrategie dazu führt, dass sich Servicemitarbeiter erschöpft und ausgelaugt fühlen. Bezüglich der Tiefenstrategie waren die Ergebnisse bislang nicht eindeutig. Mal laugte sie aus, mal fühlten sich die Mitarbeiter damit besser. Allison Gabriel und ihre Kollegen versuchten sich daher an einer Typologie, die auch Kombinationen aus Oberflächen- und Tiefenhandeln berücksichtigte. 

In zwei Studien legten sie 692 US-amerikanischen Servicemitarbeitern (Studie 1) und 552 Studenten aus Singapur (Studie 2), die schon mehr als 30 Stunden pro Woche im Dienstleistungsbereich gearbeitet hatten, umfangreiche Fragebögen vor. Darin sollten sie ihr Deep Acting („Ich versuche die Gefühle zu erleben, die ich gegenüber den Kunden zeigen muss.“) und ihr Surface Acting („Ich täusche Gefühle vor, um mit den Kunden in angemessener Weise umzugehen.“) angeben. 

Außerdem sollten sie Eigenschaften ankreuzen, die mit der Emotionsarbeit einhergingen: positive und negative Gefühle, wahrgenommene Regeln zur Gefühlssteuerung und Kundenorientierung. Und schließlich noch mögliche Folgen der Emotionsarbeit: Erschöpfung, berufliche Zufriedenheit und wahrgenommene Authentizität.

Typologie der Gefühlsarbeit

In beiden Studien zeigten sich übereinstimmend fünf Typen von Emotionsarbeitern. Nicht-Akteure und Tiefen-Akteure waren dabei am zufriedensten. Oberflächen-Akteure und Komplett-Akteure, die beide Strategien exzessiv anwandten, fühlten sich am miserabelsten. Die fünf Typen im Einzelnen:

Nicht-Akteure (Non-Actors). 5 Prozent (Studie 1), 1 Prozent (Studie 2). Strategie: Gering ausgeprägtes Oberflächen- und Tiefenhandeln. Eigenschaften: Sie erlebten viele positive und wenig negative Gefühle, sahen für sich wenig Regeln zur Gefühlssteuerung und hatten eine geringe Kundenorientierung. Folgen: Sie waren mit ihrem Job zufrieden, fühlten sich wenig erschöpft und hatten den Eindruck, authentisch zu sein.

Tiefen-Akteure (Deep Actors). 32 Prozent (Studie 1), 35 Prozent (Studie 2). Strategie: Stark ausgeprägtes Tiefenhandeln, gering ausgeprägtes Oberflächenhandeln. Eigenschaften: Sie erlebten viele positive und wenig negative Gefühle, sahen für sich nur hin und wieder Regeln zur Gefühlssteuerung und hatten eine nennenswerte Kundenorientierung. Folgen: Sie waren mit ihrem Job zufrieden, fühlten sich wenig erschöpft und hielten sich für authentisch.

Mittel-Akteure (Low Actors). 39 Prozent (Studie 1), 15 Prozent (Studie 2). Strategie: Mäßig ausgeprägtes Oberflächen- und Tiefenhandeln. Eigenschaften: Sie erlebten in mittlerem Ausmaß positive wie negative Gefühle, sahen für sich eher wenig Regeln zur Gefühlssteuerung und hatten eine moderate Kundenorientierung. Folgen: Sie waren mit ihrem Job nicht besonders zufrieden, fühlten sich wenig erschöpft und dachten, dass sie authentisch seien. 

Oberflächen-Akteure (Surface Actors). 12 Prozent (Studie 1), 6 Prozent (Studie 2). Strategie: Stark ausgeprägtes Oberflächenhandeln, gering ausgeprägtes Tiefenhandeln. Eigenschaften: Sie erlebten viele negative und wenig positive Gefühle, sahen für sich viele Regeln zur Gefühlssteuerung und hatten eine geringe Kundenorientierung. Folgen: Sie waren mit ihrem Job sehr unzufrieden, fühlten sich äußerst erschöpft und kamen sich sehr unauthentisch vor. 

Komplett-Akteure (Regulators). 11 Prozent (Studie 1), 43 Prozent (Studie 2). Strategie: Stark ausgeprägtes Oberflächen- und Tiefenhandeln. Eigenschaften: Sie erlebten viele negative und wenig positive Gefühle, sahen für sich viele Regeln zur Gefühlssteuerung und hatten eine mittelmäßige Kundenorientierung. Folgen: Sie waren mit ihrem Job unzufrieden, fühlten sich erschöpft und waren der Meinung, wenig authentisch zu sein.

Robuste Fünf-Typen-Lösung

Diese fünf Typen wurden in den USA und in Singapur in ähnlicher Ausprägung gefunden. Die Forscher nehmen daher an, dass die „Fünf-Profil-Lösung robust ist“ (S. 876). Die Typen werfen ein neues Licht auf die Emotionsarbeit. Es scheint sinnvoller, im Servicebereich von mehreren kombinierten Strategien der Gefühlsarbeit auszugehen, anstatt nur zwischen Oberflächen- und Tiefenhandeln zu unterscheiden.

Die beiden Studien liefern auch einen Hinweis auf die Doppelrolle der Tiefenstrategie. In Kombination mit wenig Oberflächenhandeln steigerte sie das Wohlbefinden, im Verbund mit oberflächlichem Gefühlskaschieren führte sie zur Erschöpfung. Die Autoren resümieren (S. 877):

Unsere Ergebnisse zeigen, dass ausgeprägtes Tiefenhandeln vorteilhaft sein kann, wenn es allein auftritt (Tiefen-Akteure), dass ausgeprägtes Oberflächenhandeln (Oberflächen-Akteure) durchweg gesundheitsschädlich ist – auch wenn es mit der Oberflächenstrategie gepaart ist (Komplett-Akteure) –, und dass es auch Nicht-Akteure gibt (Personen, die wenig oder nicht steuern).

Klima der Echtheit

Außerdem erwähnen die Wissenschaftler, was gegen Erschöpfung hilft, wenn man häufig Kunden anlächeln muss:

  • ich unter Kollegen austauschen
  • Ruhepausen nach Kundengesprächen einplanen
  • die Möglichkeit, seinen Arbeitsplatz und seine Tätigkeiten selbst zu gestalten
  • als Führungskraft ein Klima der Echtheit anregen und darüber sprechen und möglichst so handeln, wie man sich gerade fühlt

Literatur

Allison S. Gabriel, Michael A. Daniels, James M. Diefendorff & Gary J. Greguras. (2015). Emotional labor actors: A latent profile analysis of emotional labor strategies [Abstract]. Journal of Applied Psychology, 100 (3), 863-879.

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