Im Homeoffice dauerhaft engagiert und gesund arbeiten

Das Arbeiten von zu Hause aus hat zwar viele Vorteile, birgt jedoch auch einige Belastungsfaktoren. Wie Sie sich selbst und Ihr Team vor Abgrenzungsproblemen, digitaler Dauerverfügbarkeit und Einsamkeit im Homeoffice schützen und trotz Distanz optimal kommunizieren, erfahren Sie hier.

Das Arbeiten im Homeoffice ist für viele zur Normalität geworden. 25 % der Deutschen arbeiten aktuell tageweise oder kontinuierlich von zu Hause aus. Unabhängig von der Coronapandemie werden zukünftig viele Unternehmen das „remote working“ mehr oder weniger intensiv zulassen. Denn an der hohen räumlichen Flexibilität haben viele Arbeitgeber, Führungskräfte und Arbeitende Gefallen gefunden. Doch gleichzeitig können dabei Arbeit und Privatleben auf riskante Weise verschmelzen.

Nicht nur Kinder brauchen Grenzen

Wenn die Grenzen zwischen Arbeits- und Lebensraum brüchig werden, fällt das Abschalten vom Job schwer. Schnell arbeitet man auch nach Feierabend gedanklich an Projekten und Problemen weiter anstatt sich zu erholen. Denn Erholung ist kein passives Nichtstun, sondern ein aktiver Prozess. Er zielt darauf ab, Beanspruchung und deren Folgen bewusst auszugleichen. Die Stressforschung zeigt, dass Abgrenzung („detachment“) und regenerative Phasen notwendig sind, um neue berufliche Anforderungen bewältigen zu können. Regeneration erfolgt nur bei erfolgreichem Abschalten und Auffüllen der Ressourcen. Eine räumliche Abgrenzung von Arbeitsplatz und privatem Lebensraum ist nicht zwingend erforderlich, erleichtert es aber, gedanklich und emotional Abstand zum Job zu gewinnen.

Tipp: Schaffen Sie einen separaten Arbeitsbereich, um im Homeoffice das Abschalten zu erleichtern. Sei es ein häusliches Arbeitszimmer oder ein abgeschlossener Bereich, der physisch die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit markiert. Nutzen Sie Regale oder optische Raumteiler, damit der Schreibtisch am Feierabend aus den Augen und dem Sinn ist.

Einfach mal abschalten

Auch die grenzenlose Verfügbarkeit durch digitale Kommunikationsmedien erschwert es uns, von der Arbeit abzuschalten. Eine Tagebuchstudie (Zinn & Rademacher, 2019) zeigte, dass bewusste Zeiten von Smartphoneabstinenz zu besseren Erholungseffekten führen. Überdenken Sie deswegen, für wen und in welchen Zeiträumen Ihre Verfügbarkeit tatsächlich unabdingbar ist. Legen Sie aber auch Zeiträume – beim Mittagessen, im Meeting, auf Reisen – fest, in denen dringende Anliegen vom Anrufbeantworter entgegengenommen oder weitergeleitet werden. Stimmen Sie als Führungskraft im Team gemeinsam ab, wann Sie voneinander Erreichbarkeit erwarten und wann nicht.

Tipp: Kontrollieren Sie den Bildschirm, statt sich vom Bildschirm kontrollieren zu lassen. Nutzen Sie technische Möglichkeiten wie die Anzeige und Konfiguration Ihrer Bildschirmzeiten. Legen Sie fest, wann Sie Smartphone, Laptop und Rechner nicht nutzen wollen, sondern regenerierenSchalten Sie automatische Benachrichtigungen und Warntöne grundsätzlich ab, damit Sie nicht ständig gegen Ablenkungen ankämpfen müssen.

Regelmäßige informelle virtuelle Meetings helfen, emotionale Nähe trotz physischer Distanz herzustellen. (Foto: Windows – Unsplash.com)

Emotionale Nähe halten trotz physischer Distanz

Inspirierender Austausch, verständnisvolle Worte und das Gefühl, Teil von eines Teams zu sein, wirken wie ein psychologischer Puffer gegen Stress. Wir brauchen den informellen Austausch beim spontanen Treffen auf dem Gang oder den Klönschnack in der Kaffeepause, um uns wahrgenommen und mit unseren Kolleg:innen verbunden zu fühlen. Das soziale Miteinander wird jedoch stillgelegt, wenn man sich nur noch fokussiert in zielgerichteten Onlinemeetings begegnet.

Tipp: Kultivieren Sie als Führungskraft oder aus Eigeninitiative digitalen Small Talk in Ihrem Team, indem Sie einmal pro Woche drei Teammitglieder zum virtuellen Kaffee einladen. Damit alle teilnehmen, sollte der Termin als Arbeitstreffen gelten. Einzige Regel für die 30 Minuten: Sie dürfen über alles reden außer der Arbeit.

Nicht zu Zoombies werden

Digitale Medien steigern die Arbeitsdichte und damit die psychische Belastung. Waren zu Anfang des Lockdowns Videokonferenzen noch ein spannendes Highlight, entwickelten sie sich zunehmend zum „Hintergrundrauschen“. Mit einem Ohr beim virtuellen Meeting dabei zu sein, mit dem anderen auf die spielenden Kinder oder Benachrichtigungssignale zu achten, führt jedoch zu Überforderung, Ermüdung und Fehlern.

Virtuelle Meetings verlangen ein höheres Maß an Aufmerksamkeit und Konzentration als Präsenztreffen. Die hohe Dichte virtueller Arbeitsformate sowie ihre zeitweilige Alternativlosigkeit haben bei vielen die Freude an der (virtuellen) Arbeit spürbar gebremst. Als Selbständige:r oder Führungskraft gilt es beim Arbeiten im Homeoffice, Abwechslung und Freiheitsgrade der Ausgestaltung zu nutzen. Denn Autonomie stellt ein menschliches Grundbedürfnis und einen zentralen Einflussfaktor auf Arbeitszufriedenheit und Work Engagement dar.

Tipp: Terminieren Sie Videokonferenzen am Morgen, so dass der Rest des Arbeitstages für das Abarbeiten der Aufgaben genutzt werden kann. Halten Sie Videokonferenzen möglichst kurz (max. 45 Minuten) und nutzen Sie während dieser Zeit kurze spielerische Übungen, um die Aufmerksamkeit aufzufrischen. Solche „energiser“ wie Klatschübungen oder das Suchen und Zeigen von Gegenständen, die etwas Bestimmtes symbolisieren, bringen schnell und unaufwändig Bewegung und damit Aufmerksamkeit ins Team (mehr dazu z. B. auf sessionlab.com).

Verwenden Sie andere Medien (z. B. E-Mail), wenn es um reine Information geht. Greifen Sie diese Informationen in Videokonferenzen auf und vertiefen Sie dies durch interaktive Formate (z. B. Kleingruppenaustausch, digitales White Board), bei denen sich alle aktiv einbringen müssen. Nutzen Sie interessante oder überraschende Bilder zur Unterstützung, durch die Sie einen Spannungsbogen erzeugen. Lassen Sie nur die Kamera der Vortragenden angeschaltet, damit es möglichst wenig visuelle Ablenkung gibt.

Lob ist mehr wert als es kostet

Wenn Anstrengungen nicht im Verhältnis zu dem stehen, was man für seinen Einsatz an Wertschätzung, Lob und Gehalt erhält, werden Menschen unzufrieden, gestresst und krank. In der Psychologie spricht man von einer Gratifikationskrise. Es ist für Führungskräfte herausfordernder, die Leistungen der Teammitglieder zu kennen und zu würdigen, wenn diese überwiegend in Distanz arbeiten. Um so wichtiger ist es, Rituale für Anerkennung zu schaffen. Lob und positive Rückmeldung sollten nicht aus Floskeln („good job“) bestehen, sondern die positiven und spezifischen Leistungen vor Anderen authentisch zum Ausdruck bringen („Danke Frau Schmidt, dass Sie den Bericht durch Ihre Vorschläge zur Umsetzung erweitert haben. Toller Ansatz! Damit können wir bei unseren Kunden unsere Expertise viel besser unterstreichen“).

Tipp: Starten Sie jedes Teammeeting mit einer konstruktiven Rückschau auf das, was Ihr Team geleistet hat. Würdigen Sie als Führungskraft, wer welchen Beitrag auch bei Teilzielen geleistet hat. Sprechen Sie die Person direkt an und bedanken Sie sich für spezifische Verhaltensweisen. Stellen Sie heraus, wie wichtig jeder einzelne Beitrag für den Gesamterfolg ist. Geben Sie Anerkennung für das Bemühen, wenn Leistungen noch nicht so ausfallen, wie Sie es sich wünschen. Thematisieren Sie Kritik – so nötig – im Vier-Augen-Gespräch, nicht in der großen Runde.

 

Literatur

https://de.statista.com/themen/6093/homeoffice/

Zinn, Cassandra Tyana & Rademacher, Ute (2019). Abschalten – Psychische Belastungen durch bewusste Smartphone-Auszeiten abbauen. Wirtschaftspsychologie, 1-2, S. 28-39. 

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