Digitale Bewerbungsgespräche professionell meistern
Gerade in Zeiten von Corona stellen digitale Bewerbungsgespräche eine gute Möglichkeit für Personaler dar, trotz Social Distancing, neue potenzielle Mitarbeitende kennen zu lernen. Für Bewerberinnen und Bewerber hat dieses Vorgehen jedoch nicht nur Vorteile: Im persönlichen Gespräch wendet jede Person meistens bestimmte soziale Techniken an, um das Gegenüber zu beeindrucken. Zu diesem Impression Management zählen beispielsweise kommunikative Taktiken (herausarbeiten von Stärken, herunterspielen von Schwächen), aber auch nonverbale Taktiken (Körperhaltung, Gesten). In videogestützten Bewerbungsgesprächen können Bewerberinnen und Bewerber nonverbale Kommunikation weit aus weniger einsetzen, als im persönlichen Gespräch.
Eine Studie der Universität Ulm hat nun untersucht, ob Bewerberinnen und Bewerber in digitalen Bewerbungsgesprächen anders bewertet werden als in persönlichen Gesprächen. Dazu führten die Forschenden insgesamt 114 Bewerbungsgespräche. 57 Gespräche wurden persönlich geführt, weitere 57 als Videokonferenz. Zu Auswertungszwecken wurden alle Gespräche aufgezeichnet.
Digital interviewte Personen werden schlechter bewertet
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Leistung der digital interviewten Personen schlechter bewertet wurde als derjenigen, die ein persönliches Gespräch geführt hatten. Außerdem bewerteten die Interviewer identische Bewerberantworten kritischer, wenn diese im Rahmen eines digitalen Gespräches gegeben wurden. Die Studienteilnehmenden gaben zudem an, dass sie die soziale Präsenz und den Blickkontakt in den digitalen Bewerbungsgesprächen als weniger intensiv wahrgenommen haben.
Videogestützte Bewerbungsgespräche haben somit für beide Seiten Nachteile: Interviewte Personen werden in ihrer Leistungsdarstellung eingeschränkt und Interviewer tendieren dazu, Antworten schlechter zu bewerten. Wie lassen sich diese Nachteile verringern?
Personaler sollten darauf achten, dass Sie pro Auswahlrunde nur ein Interview-Format nutzen, also entweder nur Online-Gespräche oder nur persönliche Gespräche. So ist sichergestellt, dass Personaler mit allen Bewerberinnen und Bewerber in der gleichen Situation sprechen und keine Person bevor- oder benachteiligt wird.
Auf Blickkontakt achten
Folgende Tipps können Bewerberinnen und Bewerber dabei helfen, das digitale Bewerbungsinterview zu meistern:
- Halten Sie Blickkontakt
In einer Videokonferenz den Blickkontakt zu halten ist schwierig. Da man selbst sehen möchte, wie die Person auf dem Bildschirm reagiert, neigen wir dazu, die ganze Zeit auf den Bildschirm zu schauen. Für unseren Gesprächspartner sieht es jedoch so aus, als würden wir an ihm vorbeischauen. Hier kann es helfen, eine externe Webcam so zu positionieren, dass man in die Kamera schaut und gleichzeitig den Bildschirm im Auge hat.
- Nutzen Sie eine klare Sprache
Gerade bei digitalen Bewerbungsinterviews kommt der Sprache eine große Bedeutung zu. Daher sollten wir in Gesprächen darauf achten, langsam und deutlich zu reden. Zudem sollten wir keine unverständlichen Formulierungen verwenden. Durch die Technik kann es außerdem zu Zeitverzögerungen bei der Tonübertragung kommen. Daher ist es wichtig, dass wir unbedingt darauf achten, die andere Person ausreden zu lassen.
- Achten Sie auf Ihre Körpersprache
Schnell ist es passiert: Wir sitzen mit krummen Rücken vor dem Bildschirm und sind mit unsrem Kopf zu nahe an der Webcam. Auf den Gesprächspartner wirkt dies unprofessionell. Daher ist es wichtig, unbedingt gerade und aufrecht vor dem Rechner zu sitzen und auf einen angemessenen Abstand zur Webcam zu achten.
Literatur
Basch, J. M., Melchers, K. G., Kurz, A., Krieger, M., & Miller, L. (2020). It takes more than a good camera: Which factors contribute to differences between face-to-face interviews and videoconference interviews regarding performance ratings and interviewee perceptions? Journal of Business and Psychology.