Kulturelle Werte sagen Arbeitsleistung vorher
Vas Taras von der University of North Carolina hat zusammen mit seinen Kollegen die erste umfassende Metaanalyse zum Zusammenhang von kulturellen Werten und Arbeitsverhalten vorgelegt. Dabei zeigte sich, dass kulturelle Unterschiede jobrelevante Gefühle, Einstellungen oder Handlungen ähnlich gut vorhersagen wie Persönlichkeit oder demographische Marker.
Kulturelle Werte
Die Kultur beeinflusst uns. Aber was heißt das genau? Sitzt da irgendwo eine Metamutter, die die Strippen zieht und uns sagt, was wir zu tun haben? Für Geert Hofstede ist Kultur die gemeinschaftliche Programmierung des Selbst, die die Mitglieder eines Kulturraums (z.B. eine Nation) miteinander teilen. Befragt man sie nach dieser Programmierung – zum Beispiel mit dem Values Survey Module (VSM) –, erhält man die Dimensionen einer Kultur oder die kulturellen Werte. Die vier wichtigsten Dimensionen dieser kulturellen Werte sind:
- Individualismus-Kollektivismus: Ausmaß, mit dem es Menschen vorziehen, eher als Individuum oder als Mitglied einer Gruppe aufzutreten.
- Machtdistanz: Ausmaß, mit dem es akzeptiert wird, dass Macht ungleich verteilt ist.
- Vermeidung von Unsicherheit: Ausmaß, mit dem Menschen sich von unsicheren Situationen bedroht fühlen und stattdessen klare Regeln vorziehen.
- Maskulinität-Feminität: Ausmaß, mit dem die Mitglieder einer Kultur eher anstreben, sich durchzusetzen, etwas zu leisten, Erfolg zu haben und zu wetteifern (Maskulinität), oder im Gegensatz dazu eher Lebensqualität, Beziehungen, Hilfe für Schwächere und Solidarität (Feminität) betonen.
Kulturelle Werte und Verhalten am Arbeitsplatz
Wirken sich diese kulturellen Werte bei der Arbeit aus? Sind sie leistungsrelevant? Diesen Fragen ging Vas Taras von der University of North Carolina zusammen mit seinen Kollegen Bradley Kirkman und Piers Steel nach. In einer umfassenden Metaanalyse werteten sie rund 600 Studien mit insgesamt über 200.000 Teilnehmern aus – veröffentlicht in einer Ausgabe des Journal of Applied Psychology.
Die Ergebnisse
Insgesamt hängen kulturelle Werte und Verhalten am Arbeitsplatz (Engagement, Kooperation, Teamgeist, Arbeitsleistung etc.) mit kleinem Effekt (ρ = .18) zusammen. Größer werden die Zusammenhänge, wenn man die Arbeitsleistung auf Gruppen- oder Landesebene betrachtet.
Kulturelle Werte sagen trotz kleinen Effekts das Verhalten am Arbeitsplatz ähnlich gut voraus wie Persönlichkeit (ρ = .15) oder demographische Merkmale (Alter, Geschlecht, Bildungsstatus; ρ = .10). Ein deutlich besserer Prädiktor ist nur die allgemeine Intelligenz (ρ = .48).
Wenn man das Verhalten aufschlüsselt, bestimmen kulturelle Werte am deutlichsten Emotionen, gefolgt vom Zusammenhang mit Einstellungen, Handeln und Arbeitsleistung.
Zudem wurden Moderatoren gefunden. Größere Zusammenhänge zwischen kulturellen Werten und Arbeit wurden bei Älteren, Managern und Angestellten (im Gegensatz zu Studenten), Männern und Personen mit längerer Ausbildungsdauer gefunden.
Strategien für die Praxis
Die Autoren schlussfolgern, dass die kulturelle Prägung bei der Arbeit stärker berücksichtigt werden sollte, insbesondere in multinationalen Unternehmen:
- Kulturelle Werte sollten Personaler zukünftig bei der Personalauswahl genauer in den Blick nehmen, da sie die Arbeitsleistung ähnlich gut vorhersagen wie Persönlichkeit und demographische Merkmale.
- Auswahlkritisch sind kulturelle Werte vor allem bei älteren Mitarbeitern, bei Männern, Personen mit hohem Bildungsstatus und wenn es im Job darum geht Emotionen zu zeigen (z.B. im Verkauf) oder es auf Einstellungen ankommt.
- Personaler sollten dabei eigene Daten zu den relevanten Kulturdimensionen erheben und sich nicht in erster Linie auf Ländervergleiche stützen.
Literatur
Taras, V., Kirkman, B. L. & Steel, P. (2010). Examining the impact of Culture’s Consequences: A three-decade, multilevel, meta-analytic review of Hofstede’s cultural value dimensions. Journal of Applied Psychology, 95, 405–439.
Hofstede, G. (1980). Culture’s consequences: International differences in work-related values. Beverly Hills, CA: Sage.
Oyserman, D., Coon, H. M., & Kemmelmeier, M. (2002). Rethinking individualism and collectivism: Evaluation of theoretical assumptions and meta-analyses. Psychological Bulletin, 128, 3–72.