Lösungsorientierung anstatt Problemanalyse

Wenn einer Ihrer Mitarbeiter ein Kommunikationsproblem mit seinen Kollegen hat, wie gehen Sie normalerweise vor?  Würden Sie auch zunächst versuchen, das Problem gründlich zu analysieren? Dieses durchaus übliche Vorgehen hat den Nachteil, dass Ursachen für Probleme oft vor dem Hintergrund von Eigenschaftskonstrukten oder intra-psychischen Dynamiken betrachtet werden. Dabei gehen der Kontext und die Komplexität des Konflikts oft unter.

Lösungsorientierung

Die auf die systemische Theorie zurückzuführende „Lösungsorientierte Beratung“ nimmt einen anderen Weg. Die zu beratende Person wird als jemand betrachtet, die in einem bestimmten Kontext interagiert und es wird der Sinn oder Nutzen dieser Kommunikation erfasst. 

Das Problem als Chance 

In diesem Setting interessiert sich der Berater nicht sehr detailliert für die Ursache des Problems, sondern Probleme werden als Lernchancen und als Impulse für eine Entwicklung angesehen. Der Berater möchte beispielsweise wissen, woran der Klient erkennen würde, wenn das Problem gelöst wäre. Dann versucht er die Veränderung in kleinen Schritten hin zum Positiven anzustoßen. Dies ermöglicht dem Berater, auch in Situationen zu helfen, ohne Spezialwissen über die Hintergründe zu besitzen. 

Funktionierende Lösung 

Der Grundgedanke ist die Überzeugung, dass der Klient über alle notwendigen Fähigkeiten zur Problemlösung verfügt und zu Lösungen gebracht werden kann. Zwei Grundregeln nennt Günter Bamberger in seinem gerade in vierter Auflage erschienenen Praxishandbuch "Lösungsorientierte Beratung":

  • „Wenn etwas funktioniert, dann mache mehr davon“ und
  • „Wenn etwas nicht funktioniert, dann mache etwas anderes“. 

Wünsche, Ziele, Potenziale 

Diese Vereinfachung ist ein zentraler Punkt der von den Psychotherapeuten Steve de Shazer und Insoo Kim Berg vorgestellten Kurzzeittherapie. Der Berater konzentriert sich auf Lösungen, in dem er die Wünsche, Ziele sowie die persönlichen und sozialen Fähigkeiten und Potenziale des Klienten erfasst und aktiviert. Frei nach dem Motto: „Gemeinsam Lösungen konstruieren statt Probleme analysieren“. 

Praxishandbuch

Das neu überarbeitete Praxisbuch von Günter Bamberger gliedert sich in insgesamt 17 Kapitel. In den ersten Kapiteln werden die theoretischen Hintergründe und Werkzeuge des lösungsorientierten Beraters vorgestellt. In insgesamt sieben weiteren Kapiteln werden die einzelnen Beratungsphasen vorgestellt. Am Ende werden Einblicke in zwei ausführliche Praxisbeispiele gewährt. Zusätzlich bietet der Verlag Arbeitsmaterialien zum Downloaden an. Das Buch gibt wertvolle Impulse für all diejenigen, die in den Bereichen Erwachsenenbildung und Coaching beratend tätig sind. 

Literatur

Günter G. Bamberger (2010). Lösungsorientierte Beratung: Praxishandbuch. Mit Online-Materialien (5., überarbeitete Auflage 2015). Weinheim: Beltz.