Maßgeschneiderte Unternehmenskultur ist erfolgreich

Wie hängen Unternehmenskultur und Unternehmenserfolg zusammen? Chad Hartnell und seine Forscherkolleg(inn)en von der Arizona State University haben vier Kulturtypen (Clan, Adhocracy, Markt-Kultur, Hierarchie) in Relation zu ihrem Erfolg gesetzt. Die Ergebnisse: Am zufriedensten waren Mitarbeiter einer Clan-Kultur, in der auch die besten Produkte hergestellt wurden. Am innovativsten und rentabelsten waren marktorientierte Kulturen. Außerdem zeigte sich, dass die Kulturtypen mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede aufwiesen.

Ansatz der konkurrierenden Werte

Nach Edgar Schein ist Unternehmenskultur eine Menge geteilter, als gegeben angesehener, unausgesprochener Annahmen, die mehrere Personen haben und die bestimmen, wie diese ihre Umwelt wahrnehmen, über sie denken und auf sie reagieren (S. 677). Mit dem Ansatz der konkurrierenden Werte (Competing Value Framework) wurde der Kulturbegriff ausdifferenziert.

Dieser Ansatz ist eine Typologie zur Unternehmenskultur. Sie stammt von Robert Quinn und John Rohrbaugh aus dem Jahr 1983. Damals baten sie Experten, Erfolgsmaße für Unternehmen zu bewerten. Aus ihren Antworten ergaben sich zwei Dimensionen, mit denen die unterschiedlichen Erfolgsmaße geordnet werden konnten: der Unternehmensfokus (entweder nach innen oder nach außen gerichtet) und die Organisationsstruktur (entweder flexibel oder kontrolliert/stabil). Und sie spannten ein Vier-Felder-Schema auf, aus dem sich vier Unternehmenstypen ergaben.

Quinn und Rohrbaugh nahmen an, dass diese Typen die Werte und damit die Kultur widerspiegelten, für die ein Unternehmen stand. Die vier Kulturtypen nannten die Forscher Clan, Adhocracy, Markt und Hierarchie. Die zugeordneten Werte schlossen sich wechselseitig aus oder widersprachen sich, daher der Ansatz der konkurrierendenWerte. So sollte beispielsweise die starke Teambindung der Clan-Kultur dem Anspruch der Selbstständigkeit innerhalb einer Adhocracy entgegenstehen. In den letzten drei Jahrzehnten verbreitete sich diese Typologie rasant. Hier eine kurze Beschreibung der vier Kulturtypen:

Clan-Kultur

  • Fokus: nach innen gerichtet. 
  • Organisationsstruktur: flexibel.
  • Grundannahme: Mitarbeiter arbeiten am besten, wenn sie der Organisation vertrauen, ihr treu sind und sich ihr zugehörig fühlen.
  • Werte: Bindung, Zugehörigkeit, Zusammenarbeit, Vertrauen, Unterstützung.
  • Verhalten: Arbeit im Team, partizipierend, Mitarbeiterbindung wird betont.
  • Ergebnisse: Arbeitsmoral und Arbeitszufriedenheit.

Adhocracy

  • Fokus: nach außen gerichtet. 
  • Organisationsstruktur: flexibel.
  • Grundannahme: Mitarbeiter arbeiten am besten, wenn sie Sinn und Zweck ihrer Aufgaben verstehen.
  • Werte: Wachstum, Anregung, Vielseitigkeit, Selbstständigkeit, Aufmerksamkeit für Details.
  • Verhalten: kreativ, wenig Scheu vor Risiken, anpassungsfähig.
  • Ergebnisse: Innovationen und Vorreiterstellung.

Markt-Kultur

  • Fokus: nach außen gerichtet.
  • Organisationsstruktur: kontrolliert und stabil.
  • Grundannahme: Mitarbeiter arbeiten am besten, wenn sie klare Ziele haben und nach ihrem Erfolg bezahlt werden.
  • Werte: Kommunikation, Wettbewerb, Kompetenz, Leistung.
  • Verhalten: zielorientiert, planvoll, aufgaben- und konkurrenzorientiert, Infos zu Kunden und Konkurrenten werden erhoben.
  • Ergebnisse: Produktqualität und Rentabilität.

Hierarchie-Kultur

  • Fokus: nach innen gerichtet. 
  • Organisationsstruktur: kontrolliert und stabil.
  • Grundannahme: Mitarbeiter arbeiten am besten, wenn sie klare Rollen einnehmen und Arbeitsabläufe von Regeln und Vorschriften bestimmt werden.
  • Werte: Kommunikation, Routine, Formalisierung, Beständigkeit.
  • Verhalten: konform und vorhersagbar.
  • Ergebnisse: Effizienz und reibungsloses Funktionieren.

Überprüfung der Typologie

Die Typologie wurde zwar häufig bemüht, ihre Stichhaltigkeit aber nur selten systematisch untersucht - vor allem im Hinblick auf den Unternehmenserfolg. So sollte beispielsweise eine Adhocracy weit mehr Innovationen hervorbringen als alle anderen Organisationsformen.

Eine systematische Untersuchung haben Chad Hartnell, Amy Yi Ou und Angelo Kinicki von der Arizona State University vorgelegt – erschienen im Journal of Applied Psychology. Sie haben zum einen überprüft, ob eine Kultur zu ganz bestimmten Erfolgen führt (Einstellungen, die die Mitarbeiter haben, Innovationen, Produktqualität und wirtschaftlicher Erfolg), und ob sich die Kulturtypen wirklich so klar unterscheiden lassen und sich gegenseitig ausschließen. 

Dazu werteten sie in einer Zusammenschau 84 Studien aus, die bislang zu den Kulturtypen publiziert wurden. Die Hierarchie-Kultur konnte dabei meist nicht mit untersucht werden, weil für sie zu wenige Daten vorlagen.

Ergebnisse

Einstellungen der Mitarbeiter. Wie erwartet hatten die Mitarbeiter einer Clan-Kultur die höchsten Werte hinsichtlich Arbeitszufriedenheit und Unternehmensbindung. Weniger zufrieden und dem Unternehmen verbunden waren Mitarbeiter der Adhocracy und der Markt-Kultur.

Wirtschaftlicher Erfolg. Gemessen an Kriterien wie Rentabilität, Marktposition und Wachstum war die marktorientierte Unternehmenskultur am erfolgreichsten. Das entsprach ebenfalls den Erwartungen.

Innovationen. Am innovativsten sollte nach den Vorhersagen die Adhocracy sein. War sie aber nicht, sondern die marktorientierte Kultur, gefolgt von Adhocracy und Clan-Kultur.

Produktqualität. Bei der Produktqualität sollte die Markt-Kultur Vorreiter sein. Aber die besten Produkte wurden von Clan-Kulturen hergestellt, gefolgt von marktorientierter Kultur und der Adhocracy.

Kulturtypen. Schließlich zeigte sich, dass alle Kulturtypen mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede teilten. Clan-Kulturen waren z.B. so innovativ wie Adhocracy-Kulturen, und Mitarbeiterorientierung war auch erklärtes Ziel von Markt-Kulturen.

Fazit: Unternehmenskultur sollte passen

Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass die Typologie unzureichend ist. Weder zeigten die einzelnen Kulturen spezifische Erfolge noch unterschieden sie sich deutlich voneinander.

Sie schlagen daher vor, Unternehmenskultur als ganzheitliches Bündel unterschiedlicher Werte, Annahmen und Verhaltensweisen zu sehen – immer exakt zugeschnitten auf das jeweilige Unternehmen, das betrachtet wird. Als Richtschnur kann dabei gelten:

  • Strategie und Kultur sollten sich ergänzen und aufeinander abgestimmt sein.
  • Wenn strategisch die Arbeitszufriedenheit angepeilt wird, sollten Führungskräfte Elemente der Clan-Kultur bei ihrer täglichen Arbeit einsetzen.
  • Wenn Rentabilität das oberste Ziel ist, sind marktorientierte Werte am hilfreichsten.
  • Innovationen können durch Adhocracy-Elemente angestoßen werden: Vielseitigkeit, Streben nach Sinn, rasche Anpassung.
  • Dabei können sich im Unternehmensalltag alle vier Kulturen ergänzen. So wirkt z.B. auch so manche klare Regel der Hierarchie-Kultur entlastend.

Literatur

Hartnell, C. A., Yi Ou, A. & Kinicki, A. (2011). Organizational culture and organizational effectiveness: A meta-analytic investigation of the competing values framework’s theoretical suppositions. Journal of Applied Psychology, 96, 677-694.

Quinn, R. E., & Rohrbaugh, J. (1983). A spatial model of effectiveness criteria: Towards a competing values approach to organizational analysis. Management Science, 29, 363-377.

Schein, E. H. (1996). Culture: The missing concept in organization studies. Administrative Science Quarterly, 41, 229-240.