Stärkenorientierte Interviews richtig nutzen
Der Fokus auf Stärken statt Schwächen wächst und bringt viele Vorteile mit sich. Doch wie können Sie die Stärken Ihrer Mitarbeitenden oder Bewerber:innen erkennen? Eine Möglichkeit ist der Einsatz Stärkenorientierter Interviews.
Stärkenorientierte Interviews oder kurz Stärkeninterviews sind eine Intervention der Positiven Psychologie und fokussieren auf die Stärken, Fähigkeiten und Einsatzmöglichkeiten der befragten Personen. Sie können sowohl in Bewerbungs- als auch Mitarbeitendengesprächen zum Einsatz kommen.
Neben Stärkeninterviews können Stärken auch über Stärkentests, Coachings und Workshops mit diesem Fokus herausgefunden, verfeinert und als fester Bestandteil in den Arbeitsalltag implementiert werden. Mein Testfavorit ist der R2 Strengths Profiler vom CAPP; kostenlos und sehr valide ist der VIA.
Stärkeninterviews in Bewerbungsgesprächen
Wollen Sie das Auffinden und Nutzen von Stärken nicht dem Zufall überlassen, bedarf es eines systematischen Einsatzes. Dabei bietet es sich beispielsweise an, Stärkeninterviews als Teil der Personalauswahl als teilstandardisierten Prozess einzubauen. In Vorstellungsgesprächen können Bewerber:innen mit stärkenfokussierten Fragen beleuchtet und kennengelernt werden. Erfolge können damit genauso gut herausgearbeitet werden wie auch Leidenschaften, die das Gegenüber bereits von sich im Arbeitskontext kennt.
Der Nutzen dieser Informationen liegt auf der Hand: ausgewählte Personen können viel spezifischer in bereits bestehende Teams integriert werden, können mit ihren Stärken möglicherweise komplementär wirken und „Löcher“ stopfen. Auch für Führungskräfte ist das Wissen um die Stärken der Mitarbeitenden Gold wert, denn stärkenfokussierte Führung hat eine große Bandbreite an Benefits, die sich von höherer Leistung, über einen besseren Umgang mit Stress bis hin zu insgesamt besserer Gesundheit, wie z. B. weniger Krankheitstagen, erstrecken (siehe hierzu auch Warum Sie die Stärken Ihrer Mitarbeitenden stärken sollten).
Stärkeninterviews in Mitarbeitendengesprächen
Während der Laufbahn können Stärken immer wieder an verschiedenen Stellen genutzt und dadurch weiterentwickelt, Stellen passgenauer für die Stärkeninhaber:innen zur Verfügung gestellt und somit letztlich auch das Wohlbefinden der Personen immens gesteigert werden. Ein längerer Verbleib im Unternehmen, bessere Problemlösefähigkeiten und stärkeres Teamplay sind mit hoher Wahrscheinlichkeit der Dank.
Die Aufmerksamkeit auf Stärken auszurichten, bedarf ein wenig Übung. Haben Sie aber die nötigen Begriffe parat, macht es viel Spaß, Stärken bei sich und anderen zu entdecken und einzusetzen, Aufgaben stärkenorientiert umzuschichten und die vielen Vorteile zu ernten. Die gängigen Stärkentests – wie z. B. der bereits angesprochene VIA – definieren Stärken, so dass sie wie Vokabeln gelernt und angewandt werden können.
So lieben es beispielsweise Menschen mit der Stärke des Humors zu lachen, es lustig zu haben und andere zum Lachen zu bringen. Sie versuchen, verschiedene Situationen von einer leichteren Seite her zu betrachten. Wissbegierige und lernwillige Menschen lernen gerne neue Dinge und lassen sich vom Lernen begeistern. Dabei eignen sie sich gerne neue Fertigkeiten und Fähigkeiten an oder bauen ihr vorhandenes Wissen aus. Das nennt der VIA Liebe zum Lernen.
Wie können Sie Stärkeninterviews implementieren?
Wichtig beim Einsatz von Stärken: Fangen Sie klein an, beispielsweise mit einem Team als Pilotprojekt. Laden Sie am besten jene ein, die sowieso schon eine positive Haltung gegenüber Experimenten haben. Freiwilligkeit sollte immer Priorität haben. Halten Sie die Ergebnisse fest oder evaluieren Sie sie innerhalb des Teams. Wie ändern sich z. B. Arbeitszufriedenheit und Motivation, wenn Mitarbeitendengespräche auch stärkenorientierte Elemente enthalten?
Sollten Sie sich Kritiker:innen gegenübersehen, die positiven Ansätzen gegenüber skeptisch aufgestellt sind, bietet sich die direkte Anwendung bei jenen Personen an. Melden Sie z. B. Stärken auch außerhalb von Regelterminen bei diesen Menschen zurück und benennen Sie (wenn Sie können) Erfolge, die mit dem Einsatz dieser Stärken zu tun hatten. „Erwischen“ Sie die Mitarbeitenden beim Stärkeneinsatz.
Oder nutzen Sie die Kopfstandmethode: Bitten Sie die Betreffenden, für einen Tag nur an ihren Schwächen zu arbeiten, sie sich noch einmal vor Augen zu holen und dabei auf ihre Energie zu achten. Die geht mit ziemlicher Sicherheit bergab. Und wer mag das schon?
Übung macht auch hier den Meister und anfängliches Holpern ist durchaus normal. Lassen Sie sich nicht abbringen: die Vorteile des Stärkenfokus‘ sind zahlreich und werden schnell sichtbar. Viel Erfolg!
Kostenfreier Download für Sie: 11 mögliche Fragen eines Stärkeninterviews
Zum Weiterlesen:
[Werbung] Tomoff, M. (2017). Positive Psychologie – Erfolgsgarant oder Schönmalerei?. Berlin: Springer.
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