Arbeiten im Handwerk: „Machen“ macht glücklich und gesund

Handwerker:innen sind nicht nur deutlich glücklicher in ihrem Beruf als der Durchschnitt der Bevölkerung, sondern fühlen sich auch gesünder. Das belegen Studien der IKK classic. Wir haben die wichtigsten Ergebnisse und Handlungsempfehlungen für Sie zusammengefasst und gehen der Frage nach, wie Glücksempfinden im Beruf und Gesundheit zusammenhängen.

Sehen wir uns zunächst die repräsentative deutschlandweite Befragung „So gesund ist das Handwerk“ der IKK classic an (2023a): In Zusammenarbeit mit dem Institut für Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Prävention und Rehabilitation der Deutschen Sporthochschule Köln untersuchte die IKK classic die psychische und physische Gesundheit von Beschäftigten des Handwerks sowie mögliche Auswirkungen des aktuell diskutierten Klimawandels auf Handwerker:innen.

Die Befragung wurde vom 26. September bis 25. November 2022 durch das neutrale Marktforschungsinstitut GfK SE in Nürnberg in Form von computergestützten Telefoninterviews durchgeführt. Insgesamt nahmen 1830 Arbeitskräfte aus dem Bau- und Ausbau-, Elektro- und Metall-, Holz- und Nahrungsmittelgewerbe sowie dem Gewerbe für Gesundheitspflege, Körperpflege und Reinigung an der Umfrage teil; davon 1219 Männer, 610 Frauen und 1 diverse Person. Im Gewerk Pflege/Reinigung und im Nahrungsmittelgewerbe sind deutlich mehr Frauen tätig, während im Bau-/Ausbau-, Elektro-/Metall- sowie Holzgewerbe Männer überrepräsentiert sind.

Balkendiagramm zur Geschlechterstruktur in den Gewerken.

Geschlechterstruktur in den Gewerken (Abb.: IKK classic, 2023a)

Aufgrund eingeschränkter Kapazitäten wurden nicht alle Gewerke des Handwerks einbezogen. Nicht in die Stichprobe mit aufgenommen wurden Personen aus dem Bekleidungs-, Textil- und Ledergewerbe sowie aus dem Glas-, Papier-, keramische und sonstige Gewerbe.

Der Großteil der Befragten war zum Zeitpunkt der Befragung zwischen 30 und 59 Jahre alt, wobei auffällig ist, dass vor allem im Holzgewerbe die Gruppe der 50- bis 59-Jährigen am höchsten ist. Anhand eines eigens zusammengestellten Fragebogens wurden neben allgemeinen persönlichen Daten folgende Bereiche erfasst:

  • Subjektiver Gesundheitszustand
  • Körperliche Aktivität und Sitzzeiten
  • Ernährung und Suchtmittelkonsum
  • Stressbelastung und Stressausgleich
  • Wohlbefinden und Lebenszufriedenheit
  • Soziales Engagement im Handwerk
  • Arbeitszufriedenheit und Arbeitsfähigkeit
  • Gesundheitsangebote
  • Klima- und Umweltschutz

 

Ergebnisse & Handlungsempfehlungen

Zusammengefasst zeigt sich, dass das Handwerk gesund lebt und eine hohe Lebenszufriedenheit aufweist. 85,3% der Befragten aus dem Handwerk schätzen ihren Gesundheitszustand als sehr gut oder gut ein. Die körperliche Aktivität ist im arbeitsbezogenen Kontext sehr hoch, die Befragten sitzen im Schnitt maximal 5 Stunden am Tag. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Sitzdauer der Deutschen liegt bei 8,5 Stunden täglich (Froböse & Wallmann-Sperlich, 2021). Allerdings ist die gesundheitsbezogene körperliche Aktivität noch ausbaufähig.

Potenziale sind außerdem im mangelnden Angebot von Gesundheitsmaßnahmen zu erkennen. 63,9% der Befragten gaben an, dass sie innerhalb des Betriebes keine Angebote zur Gesundheitsförderung erhalten. Allerdings geben auch 85,1 % der Befragten an, keinen Bedarf zu haben. Da die Berufsbilder jedoch häufige körperliche Beanspruchungen aufweisen, ist die Aufklärung über die Wichtigkeit von Prävention und eines gesundheitsorientierten Trainings wichtig.

Bezüglich des Suchtmittelkonsums zeigen die Ergebnisse, dass Beschäftigte des Handwerks, vergleichbar zur deutschen Gesamtbevölkerung, einen erhöhten Alkoholkonsum aufweisen (5,8 % der befragten Handwerker:innen trinken täglich Alkohol sowie 6 % der Gesamtbevölkerung). Auch hier sind Aufklärung und Prävention notwendig. Im Gegensatz dazu liegt der Anteil der Befragten, die täglich rauchen, mit 22,4 % unter dem Bundesdurchschnitt von 34,1 % (Bundesministerium für Gesundheit, 2023).

Zudem bleibt das Handwerk nicht unbeeinflusst von den Auswirkungen des Klimawandels, wie beispielsweise höheren Temperaturen bei Arbeiten im Freien. So äußerte eine befragte Person den Wunsch:

„Mehr Wasser für die Mitarbeiter und Sonnenschutz auf den Baustellen bei den Hitzeperioden.“

Obwohl 83 % der befragten Handwerker:innen angeben, dass ihnen der Klima- und Umweltschutz wichtig ist, befassen sich nach eigener Aussage nur knapp 40 % der Unternehmen aktiv mit diesem Thema. Es ist darum von großer Bedeutung, in Zukunft vermehrt Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit im Zusammenhang mit dem Klima- und Umweltschutz anzubieten. Beispielsweise sollten den Mitarbeitenden angemessene Schutzmaßnahmen gegen die Folgen des Klima- und Umweltwandels zur Verfügung gestellt werden.

Exkurs: Wohlbefinden, Lebenszufriedenheit und Sinnhaftigkeit im Handwerk

In der Studie „So gesund ist das Handwerk“, mit der wir uns bislang beschäftigt haben, geben Befragte aus dem Handwerk mit 87,2 % einen hohen Wert des guten Wohlbefindens an, das sich im Vergleich zur Befragung im Jahr 2020 um 3,2 % gesteigert hat. Auch die Lebenszufriedenheit von Personen im Handwerk ist als hoch anzusehen und hat sich im Vergleich zur Befragung aus dem Jahr 2020 sogar von 73 % auf 87,2 % gesteigert.

In einer weiteren telefonischen Studie der IKK classic „Berufliche Zufriedenheit Handwerk 2022“, die im November und Dezember 2022 durch die GfK durchgeführt wurde, wurden 699 Handwerkerinnen und Handwerker speziell zum Thema „Zufriedenheit und Glück im Beruf“ befragt (IKK classic, 2023b). Parallel wurden 1318 Männer und Frauen aus anderen Berufszweigen zum gleichen Thema in einer Onlinebefragung befragt, die ebenfalls im Auftrag der IKK classic durch die GfK durchgeführt wurde („Berufliche Zufriedenheit/Nachhaltigkeit Deutschland 2022“, ebd.).

Die Teilnehmenden beider Studien wurden gefragt, wie sehr sie den folgenden 5 Aussagen zustimmen:

  1. „Mein Beruf macht mich glücklich.“
  2. „Ich bin stolz auf meinen Beruf.“
  3. „Ich empfinde meinen Beruf als sinnhaft.“
  4. „In meinem Umfeld erfahre ich viel Wertschätzung hinsichtlich meiner Arbeit.“
  5. „Mit meiner Tätigkeit helfe ich Menschen.“

Bitte beachten Sie, dass ein Vergleich der Ergebnisse beider Studien aufgrund der unterschiedlichen methodischen Vorgehensweise der Datenerhebung nur bedingt zulässig ist. Dennoch legen die Ergebnisse nahe, dass Handwerker:innen glücklicher sind als der Durchschnitt der arbeitenden Bevölkerung aus anderen Berufszweigen, mehr Stolz auf ihren Beruf verspüren, ihren Beruf als sinnhafter empfinden, mehr Wertschätzung erfahren und ein stärkeres Gefühl haben, anderen Menschen zu helfen. Beispielsweise trifft es für 91,8 Prozent der befragten Handwerkenden überwiegend bis völlig zu, dass sie ihren Beruf als sinnhaft empfinden. Doch nur 69 Prozent der befragten Gesamtbevölkerung schätzen dies so ein.

Prof. Dr. Ricarda Rehwaldt, Glücksforscherin und Professorin an der IU University of Applied Science, erläuterte dazu auf einer Podiumsdiskussion im Rahmen der ZUKUNFT HANDWERK (IKK classic, Pressemitteilung 09.03.2023): „Beim Thema Glück gibt es drei Aspekte die ganz bedeutend sind: Selbstverwirklichung, Sinnempfinden und Gemeinschaft. Arbeit ist vom Prinzip her dafür prädestiniert, beim Menschen Sinnhaftigkeit und Potentiale zu erzeugen. Dies kommt gerade im Handwerk zum Tragen. Man tut etwas, was jemand braucht und was man am Ende wirklich sehen kann – das macht was mit einem."

Wie eingangs schon angedeutet, hängt das Glücksempfinden im Job auch mit Gesundheit zusammen. So wirkt sich beispielsweise ein eigener Gestaltungs- und Verwirklichungsspielraum positiv auf die psychische Gesundheit aus (ebd.). Ein Grund mehr die eigenen Mitarbeitenden – nicht nur im Handwerk – zu mehr selbstbestimmtem Arbeiten zu befähigen. Wie das genau gehen kann, darüber haben wir mit Prof. Dr. Carsten C. Schermuly gesprochen. Sie finden das ausführliche Interview in Ausgabe 3/2023 unserer WIRTSCHAFTSPSYCHOLOGIE aktuell → Hier bestellen.

Literaturliste zum Download

[Text: Anja Wermann, Redaktion WIRTSCHAFTSPSYCHOLOGIE aktuell]

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