Fehlverhalten als Führungskraft: So stellen Sie Vertrauen wieder her
Führungskräfte verhalten sich manchmal grenzüberschreitend oder ungerecht gegenüber ihren Mitarbeitenden. Um den resultierenden Verletzungen gerecht zu werden und beschädigtes Vertrauen wiederherzustellen, sollten Führungskräfte angemessen um Entschuldigung bitten. Wie dies am effektivsten gelingt, hat eine Studie im European Journal of Work and Organizational Psychology untersucht.
Stellen Sie sich vor, Ihr*e Vorgesetzte spricht in Ihrer Abwesenheit negativ über Sie und verbreitet im Unternehmen Falschinformationen, die Sie in einem schlechten Licht dastehen lassen. Die Führungskraft sieht anschließend ein, dass sie Ihnen mit diesem karriereschädigenden Verhalten Unrecht getan hat, und bittet um Entschuldigung. Wie sollte die Bitte um Entschuldigung ausfallen, damit Sie bereit sind, zu verzeihen? Genügt ein einfaches „Sorry“ oder braucht es eine Wiedergutmachung?
Aus früheren Studien ist bekannt, dass Entschuldigungen die Vergebungsbereitschaft fördern (z. B. Fehr & Gelfand, 2010), Vertrauen erhöhen (z. B. Kim et al., 2004) und Beziehungen reparieren können (z. B. Tomlinson et al., 2004). Dies gelingt am ehesten, wenn die Entschuldigung aufrichtiges Bedauern und den Willen zur Wiedergutmachung erkennen lässt (Byrne et al., 2014). Doch wie formulieren Sie eine Entschuldigung, die genau dies zum Ausdruck bringt?
Ein Forschungsteam aus Nordamerika hat die anfangs beschriebene Situation untersucht und in drei Experimenten die Wirkung von sechs unterschiedlichen Entschuldigungsarten verglichen (Stackhouse et al., 2024). Dabei analysierten die Forscher*innen, inwieweit infolge der Entschuldigungsformen Mitarbeitende der Führungskraft verzeihen und ihr wieder vertrauen würden.
Experiment 1: Ehrlichkeit ist am wirksamsten
Im ersten Experiment lasen 145 Studierende einen Text, in dem das oben dargestellte karriereschädigende Verhalten einer Führungskraft gegenüber einem bzw. einer Angestellten beschrieben wurde. Je nachdem, welcher Bedingung die Teilnehmenden zugeteilt waren, wurde eine von sechs Entschuldigungsarten genannt: Ehrlich („Mir wird ganz schlecht, wenn ich an mein Verhalten denke“), Basic („Sorry“), Unehrlich („Manchmal passiert so etwas halt“), Reuevoll („Ich fühle mich schuldig“), Entschädigend („Ich werde korrigieren, was ich gesagt habe“) und Verantwortung übernehmend („Ich habe dich im Stich gelassen und trage die Verantwortung“). Die Teilnehmenden beurteilten auf einer Skala von 1 bis 7, ob sie an Stelle des bzw. der betroffenen Mitarbeiter*in der Führungskraft verzeihen und wieder vertrauen würden. Die Auswertung der Ergebnisse erwies, dass diese Bereitschaft am größten ausfiel, wenn die Führungskraft auf ehrliche Weise um Entschuldigung bat.
Experiment 2: Ehrlichkeit auch im echten Leben die beste Wahl
In einem weiteren Experiment, in dem 111 Studierende und 112 Berufstätige von erlebten Fehltritten und Entschuldigungen ihrer Vorgesetzten berichteten, berichteten die Teilnehmenden ebenfalls am meisten nach einer ehrlichen Entschuldigung, der Führungskraft vergeben und wieder Vertrauen geschenkt zu haben. Ehrlichkeit erwies sich somit als der beste Weg, um ein beschädigtes Vertrauensverhältnis zu reparieren.
Experiment 3: Vertrauen ist der Schlüssel
In einem dritten Experiment, das auf dem ersten aufbaute, erhielten 292 Teilnehmende wiederum die Texte mit den Szenarien, diesmal jedoch mit einer weiteren Information: Es wurde variiert, wie viel Vertrauen generell zwischen der diffamierten Person und der Führungskraft vorlag. Außerdem wurden nur die ehrliche, unehrliche und die basale Entschuldigung verglichen.
Den Ergebnissen nach wirkte sich eine basale Entschuldigung nicht positiver auf die Bereitschaft, zu verzeihen, aus als eine unehrliche Entschuldigung. Der Wille, nach einer ehrlichen Entschuldigung zu vergeben, war jedoch höher, wenn die Person in dem Szenario sonst ein starkes Vertrauen in die Führungskraft hatte. Bei einer unehrlichen oder basalen Entschuldigung machte das Vertrauen keinen signifikanten Unterschied.
Ehrliche Entschuldigung signalisiert Vertrauenswürdigkeit
Fehler sind menschlich, auch bei Führungskräften. Wenn jedoch Mitarbeitende zu Schaden kommen, sollten Manager*innen um Entschuldigung bitten, um das Vertrauensverhältnis wiederherzustellen. Das gelingt am besten durch eine aufrichtige Entschuldigung, während z. B. ein schlichtes „Sorry“ oder das Anbieten von Entschädigungen weniger hilfreich sind, um ein angeknackstes Arbeitsverhältnis zu reparieren.
Vertrauen zwischen Manager*in und Mitarbeitenden ist für erfolgreiches Arbeiten umso entscheidender, je enger die Zusammenarbeit im Alltag ausfällt (Fulmer & Gelfand, 2012). Kommt es in Unternehmen zu Fehlverhalten, geht es daher nicht bloß um einen beschädigten Ruf, sondern auch um das Vertrauensverhältnis zwischen Führung und Mitarbeitenden und in der Folge ebenfalls um den Unternehmenserfolg.
Limitationen und Ausblick
Das Forschungsteam visierte mit seinen Experimenten eine hohe ökologische und interne Validität an. Trotzdem ist die Übertragbarkeit der Erkenntnisse auf die Realität nicht vollends gegeben, da die Teilnehmenden in Experiment 2 auf Basis ihrer Erinnerung an erfahrene Situationen die Fragen beantworteten. Zudem wurden die Teilnehmenden aufgefordert, sich an einen „Fehler“ (error) oder ein „grenzüberschreitendes Verhalten“ (transgression) zu erinnern, was Spielraum für Interpretationen lässt und in weiteren Untersuchungen differenziert werden sollte.
Ansonsten schlagen die Studienautor*innen für weiterführende Forschung vor, in die Analyse einzubeziehen, welche Gefühle die um Verzeihung bittende Führungskraft mit ihrer Entschuldigung signalisiert. Auch die Betrachtung des kulturellen Kontexts könne aufschlussreich sein, da die Gefahr des Gesichtsverlusts durch eine Entschuldigung je nach Kultur unterschiedlich ausfalle.
Literatur
Byrne, A., Barling, J., & Dupré, K. E. (2014). Leader apologies and employee and leader well-being. Journal of business ethics, 121, 91-106.
Fehr, R., & Gelfand, M. J. (2010). When apologies work: How matching apology components to victims’ self-construals facilitates forgiveness. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 113, 37–50.
Fulmer, C. A., & Gelfand, M. J. (2012). At what level (and in whom) we trust: Trust across multiple organizational levels. Journal of management, 38(4), 1167-1230.
Kim, P. H., Ferrin, D. L., Cooper, C. D., & Dirks, K. T. (2004). Removing the shadow of suspicion: the effects of apology versus denial for repairing competence-versus integrity-based trust violations. Journal of applied psychology, 89(1), 104.
Stackhouse, M., Turner, N., & Kelley, K. (2024). Repairing damaged professional relationships with leader apologies: An examination of trust and forgiveness. European Journal of Work and Organizational Psychology, 33(3), 399-415.
Tomlinson, E. C., Dineen, B., & Lewicki, R. J. (2004). The road to reconciliation: Antecedents of victim willingness to reconcile following a broken promise. Journal of Management, 30, 165–187.
(Text: Isabelle Bock, Online-Redaktion Wirtschaftspsychologie aktuell)