Von Babyboomer bis Gen Z: Mehrgenerationen-Teams erfolgreich führen
In den meisten Arbeitsumfeldern treffen heute bis zu vier verschiedene Generationen von Arbeitnehmenden aufeinander. Die große Herausforderung: Alle so zu führen, dass Gleichstellung und Wertschätzung herrschen – und dabei gerade die Unterschiede als wertvolles Team-Plus erkannt werden. Wie das gelingen kann, erläutert Psychologe, Coach und Trainer Boris Kasper.
Generationen sind verschieden – weil sie unterschiedlich geprägt sind
Warum sollte man Arbeitnehmende überhaupt in Generationen unterteilen – und wie? Etwa alle zehn bis 15 Jahre lässt sich deutlich eine sogenannte Intergenerationsdifferenz erkennen: Das ist die Differenz, die grobe Altersgruppen in ihren Lebens- und Umgangsformen, Werten und Zielen belegbar voneinander trennt. Ausgelöst wird sie von Zeitgeschehen, unterschiedlichen Gesellschafts- und Erziehungstrends sowie nationalen und globalen Veränderungen, die die Altersgruppen prägen. Das führt zu verschiedenen Sichtweisen auf die Welt, sich selbst, die Erwartungen an “das richtige” Leben – und damit auch an Arbeit, die einen großen Teil der Lebenszeit einnimmt.
Wer mehrere Generationen führt, muss ihre verschiedenen Bedürfnisse kennen – und verstehen
Sich das digitale Wissen der Generation Y und Z ins Unternehmen holen und gleichzeitig den Erfahrungsschatz der Babyboomer und der Generation X nicht verlieren – ein echter Arbeitgebenden-Traum, oder? Er kann jedoch nur wahr werden, wenn eines klar ist: Generation Y und schließlich die noch junge Gen Z bringen nicht nur ganz verschiedene Kompetenzen und Fähigkeiten in Mehrgenerationen-Teams ein, sondern unterscheiden sich auch grundlegend darin, was sie von Arbeit und Führung erwarten. Darum zeige ich Ihnen im Folgenden auf:
- welche Erwartungshaltungen, Ansprüche, Bedürfnisse und Zielsetzungen die verschiedenen Generationen in Bezug auf ihr Arbeitsleben haben,
- und was das konkret für den Umgang mit ihnen bedeutet.
Was die Babyboomer brauchen – Jahrgang etwa zwischen 1955 und 1966
Eine Generation der freiwilligen Workaholics:
- Loben Sie Babyboomer vor anderen, sie brauchen öffentliche Anerkennung
- Geben Sie Briefings und Feedbacks persönlich und möglichst nicht remote
- Wertschätzen Sie die starke Arbeitsethik und Bereitschaft zu Mehrarbeit deutlich
- Binden Sie sie in Entscheidungsprozesse ein, geben Sie ihnen das Gefühl, wichtig zu sein
Was sich die Generation X wünscht – Jahrgang etwa zwischen 1965 und 1979
Eine Generation, die auf Work-Life-Balance besteht:
- Geben Sie Generation X das Gefühl, dass ihre Arbeit positive Veränderung bewirkt – sie möchte beitragen
- Hören Sie sich ihre Meinung an und geben Sie konstruktives Feedback
- Zeigen Sie aktiv nächste Karriereschritte auf, erlauben Sie individuelle Karriereplanung
- Lassen Sie Gestaltungsfreiraum, empowern Sie sie zur selbstständigen Lösungssuche
Was die Generation Y will – Jahrgang etwa zwischen 1980 und 1994
Eine Generation, bei der Work und Life ineinander übergehen sollen:
- Loben Sie die Generation Y regelmäßig, etablieren Sie eine positive Fehlerkultur
- Halten Sie Briefings kurz und Feedbacks möglichst breit, bestenfalls 360°
- Schaffen Sie eine persönliche Atmosphäre, ermöglichen Sie Tandem- und Team-Arbeit
Was die Generation Z fordert – Jahrgang ab etwa 1995
Eine Generation, bei der Work und Life strikt getrennt sein müssen:
- Geben Sie der Generation Z statt überschwänglichem Lob realistische Rückmeldungen
- Ermöglichen Sie regelmäßige 360° Feedbacks mit wegweisenden Folgemaßnahmen
- Zeigen Sie nachvollziehbare Lösungswege auf, die Gen Z möchte nicht “ineffizient” danach suchen müssen
- Etablieren Sie eine verlässliche Team-Kultur, in der Wort gehalten wird
Gerade die Diversität der Generationen bringt dem Team viele Vorteile
Die Babyboomer sowie die Generationen X, Y und Z tragen natürlich nicht nur verschiedene Ansprüche und Erwartungen in ein Mehrgenerationen-Team. Sondern sie bringen aufgrund ihrer unterschiedlichen Perspektiven und Formen von Intelligenz ganz individuelle Fähigkeiten mit ein.
Eine Chance für alle: Die Generationen begreifen, lernen und lehren verschieden
In der Psychologie unterscheidet man unter anderem fluide von kristalliner Intelligenz – beide sind in der Arbeitswelt effektiv nutzbar:
- Fluide Intelligenz – ein Plus der jüngeren Generationen Y und Z: Zwei wesentliche Elemente sind Flexibilität und Kreativität im Denken
- Kristalline Intelligenz – Gabe der Babyboomer und der Generation X: Ergibt sich aus lebenslangen Lernprozessen, Erfahrungen und Erinnerungen
Verschiedenes Denk- und Lösungsverhalten ist ein wertvolles Plus für komplexe Aufgaben
Wenn Sie Teams, Projekt-Gruppen oder Arbeits-Duos ideal kombinieren, können diese unterschiedlichen Intelligenzformen in die Herangehensweise und Lösung komplexer Aufgaben einfließen. So einen hervorragenden Vorteil können Sie in weniger altersgemischten Teams nicht so selbstverständlich nutzen. Es lohnt sich also in vielerlei Hinsicht, ein nachhaltiges Generationen-Management fest in Teamwork und Führung zu verankern.
5 umsetzbare Maßnahmen
Dabei helfen fünf in jedem Arbeitsumfeld umsetzbare Maßnahmen:
- Führungsmaßnahmen ableiten: zum Beispiel verschiedene Briefing- oder Feedback-Prozesse abgestimmt auf unterschiedliche Bedürfnisse erarbeiten. Oder verschiedene Arbeitszeitmodelle entwickeln, um jeder Generation ein passendes Angebot zu machen.
- Input bereitstellen für alle Führungsebenen zu den Bedürfnissen, Ansprüchen und Zielen der verschiedenen Generationen.
- Generationen-Workshops zum gegenseitigen Verständnis einführen: Das können Diskussionsrunden zu aktuellen Themen zum Austauschen von Perspektiven sein. Möglich sind auch Lösungsrunden, in denen verschiedene Generationsgruppen die aus ihrer Sicht besten Konzepte zur Lösung aktueller Problemen vorstellen – das schafft Verständnis für andere Denkweisen und fördert die Bereitschaft, sie anzunehmen.
- Mentor:innen-Programme für fachlichen Austausch bieten: Dabei sollten durchaus auch die jüngeren Mentor:innen für die älteren Generationen sein.
- Gemeinsame Aktivitäten anbieten: Menschen lernen einander bei gemeinsamen Erlebnissen am besten kennen und schätzen.
Je mehr Raum Arbeitgebende zu Austausch, Dialog und Perspektivwechsel bereitstellen, desto besser gestalten sich auch Verständnis und Wertschätzung im Team. Das Zusammenkommen mehrerer verschiedener Generationen in einem Team ist und bleibt spannend – doch es muss längst kein Spannungsfeld sein! Im Gegenteil: Mit Wissen und einfachen Maßnahmen lässt sich eine Atmosphäre schaffen, in der jede Generation weiß, was sie an der anderen hat – und alle gemeinsam voneinander profitieren können.
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