Wie man Glück bei der Arbeit messen und fördern kann
"Jeder ist seines Glückes Schmied" besagt der Volksmund. Aber trifft das auch für die Arbeit zu? Welche Faktoren helfen beim Schmieden des eigenen Glückes bei der Arbeit und wie kann man sie messen und gestalten?
Die Rolle der Arbeit hat sich verändert. Die Bezahlung und Statussymbole wie Dienstwagen spielen längst keine so große Rolle mehr. Arbeit soll stattdessen Spaß machen, die eigenen Potenziale wecken und keinesfalls langweilig sein. Damit rückt auch das Glück bei der Arbeit mehr in den Fokus in Praxis und Forschung.
Wie unterscheiden sich Glück bei der Arbeit und Zufriedenheit?
Während Arbeitszufriedenheit lange Zeit zu den am besten beforschten Konstrukten der Organisationspsychologie gehörte (Judge et al., 2002), verschiebt sich der Fokus seit einigen Jahren stärker in Richtung Glück (bei der Arbeit).
Glück im Arbeitskontext wird verstanden als ein „positiver emotionaler Zustand, der durch intrinsisch motivierte, aktive und selbstbestimmte Tätigkeiten entsteht und sich durch Ansteckungspotenzial auszeichnet“ (Rehwaldt, 2017, S. 83). Arbeitszufriedenheit wird hingegen eher als „gleichförmiger Zustand mit kompromisshaftem Charakter“ (Rehwaldt, 2017, S. 83) beschrieben. Glück bei der Arbeit ist also ein Erleben von positiven Affekten bei gleichzeitig positiv-kognitiver Bewertung.
Warum Glück bei der Arbeit wichtig ist
Studien zeigen, dass Glück Effekte auf verschiedene Variablen hat und verdeutlichen, dass Glück längst nicht nur ein Gefühl ist, sondern viel mehr wirtschaftliche Relevanz für Unternehmen und deren Wettbewerbsfähigkeit besitzt. Glückliche Beschäftigte haben z. B. nur ein Zehntel der Krankheitstage (im Vergleich zu nicht Glücklichen) und sind doppelt so produktiv (Pryce-Jones & Lutterbie, 2010), sie sind außerdem kreativer und weisen eine hohe Problemlösekompetenz auf (Diener & Biswas-Diener, 2008) und sie werden mehr unterstützt und gelobt (Iverson et al., 1998). Glück kann zudem als Ressource für die psychische Gesundheit gesehen werden, denn Glück reduziert die Ausschüttung des Stresshormons Kortisol (Steptoe et al., 2002).
Glück bei der Arbeit bestimmt also zu einem erheblichen Teil, wie motiviert Mitarbeitende sind, welche Außenwirkung sie auch auf Kund:innen haben und wie sie an das Unternehmen gebunden sind. Um Glück bei der Arbeit in Unternehmen strukturiert und zielorientiert zu fördern, ist ein detailliertes Verständnis des Konstruktes notwendig.
Faktoren für Glück bei der Arbeit
Unsere aktuelle Studie (Rehwaldt & Kortsch, 2021) zeigt, dass es die drei folgenden relevanten Hebel in der Arbeitsgestaltung gibt, um das Erleben von Glück zu fördern (Rehwaldt, 2017):
- Sinnempfinden: Sinnempfinden entsteht durch die individuelle subjektive Einschätzung, einen unverzichtbaren Teil zu einem bedeutungsvollen Ziel beizutragen, sowie einer emotionalen und kognitiven Stimmigkeit mit den Aufgaben, Zielen und Rahmenbedingungen. Hierfür ist wichtig, dass Beschäftigte wissen, wie die eigene Arbeit in weitere Prozesse eingebettet ist und Feedback zu ihrer Arbeit bekommen.
- Selbstverwirklichung: Das Gefühl der Selbstverwirklichung entsteht durch die Möglichkeit, persönliche Stärken einsetzen, Ideen umsetzen und die individuellen Potenziale weiterentwickeln zu können. Hierfür spielt z. B. Autonomie und Offenheit für Innovationen eine wichtige Rolle.
- Gemeinschaft (professionell und vertraut): Gemeinschaft beschreibt ein „Zugehörigkeitsgefühl, die Interaktion und den Zusammenhalt der Mitglieder, sowie deren Ausrichtung auf ein gemeinsames, transzendentes Ziel“ (Rehwaldt, 2017, S. 93). Der Faktor Gemeinschaft gliedert sich nochmal in die Facetten vertraut und professionell auf (Rehwaldt & Kortsch, 2021). Vertrautheit bezieht sich vor allem auf das Vertrauen unter den Mitgliedern z. B. eines Teams und die emotionale Nähe zueinander (z. B. durch Anvertrauen privater Probleme). Professionalität bezieht sich hingegen auf den gegenseitigen Umgang miteinander unter Druck (z. B. sich nicht gegenseitig Schuld zuschieben) und das respektvolle Miteinander.
Glück bei der Arbeit messen – die HappinessandWork-Scale
Um Gestaltungsansätze zu finden, hilft eine Analyse des Ist-Zustandes. Hierzu haben wir die HappinessandWork-Scale (Rehwaldt & Kortsch, 2021) entwickelt und in mehreren Studien validiert. Die HappinessandWork-Scale misst die Glücksfaktoren anhand von zwölf Items (z. B.: „Meine Arbeit hilft dabei, die Welt ein Stück besser zu machen.“, „In meinem Unternehmen gibt es einen sehr respektvollen Umgang miteinander.“, Wenn ich private Probleme habe, bespreche ich diese mit meinen Kollegen.“).
Mit Hilfe des Ergebnisses kann man Ansatzpunkte finden, um die Arbeit glücksförderlicher zu gestalten. Außerdem ermöglicht es die HappinessandWork-Scale, Zusammenhänge mit anderen Faktoren wie Fluktuation, Motivation, Bindung, Stimmung und Kreativität zu analysieren und effektive Maßnahmen für Organisationen und deren Beschäftigte abzuleiten.
Im Unternehmen: Die Arbeit glücksförderlich gestalten
Es gibt unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten der HappinessandWork-Scale. Man kann ein Profil des gesamten Unternehmens erstellen, das im zeitlichen Verlauf betrachtet werden und außerdem Aufschluss über die Wirksamkeit von Interventionen geben kann. Auf Basis der Ergebnisse und mit Blick auf die einzelnen Faktoren können Interventionen abgeleitet und systematisch Ansatzpunkte zur Förderung von Glück bei der Arbeit gesucht werden. Empfehlenswert ist auch eine Vertiefung durch qualitative Ansätze wie Interviews, um die Maßnahmen möglichst gut an den Bedürfnissen der Belegschaft auszurichten.
Multiplikatoreffekt: Führungskräfte als „Glücksboten“
Führungskräfte spielen als Gestalter des Glücks bei der Arbeit eine entscheidende Rolle. Sie können einerseits glücksförderliche Arbeitsgestaltung vorleben und für ihr Team die passenden Rahmenbedingungen schaffen. Sie können andererseits durch ihr Handeln im Team zu Glücksboten werden. Jedes Handeln einer Führungskraft wirkt sich deshalb auch indirekt auf das Glück bei der Arbeit aus – und zwar unabhängig davon, ob eine Einflussnahme hier gewünscht war oder nicht. Deshalb ist es besonders wichtig, Führungskräfte hinsichtlich ihrer Vorbildwirkung zu sensibilisieren und ihnen Handlungsmöglichkeiten im Sinne eines Positive Leadership aufzuzeigen. Führungskräfte können z. B. Stärkenorientierung in ihre Teamführung integrieren und das Team regelmäßig auf das gemeinsame übergeordnete Ziel einschwören, um so Sinnempfinden und Gemeinschaftsgefühl zu stärken und gleichzeitig Mikromanagement zu reduzieren. Neben den Arbeitsaufgaben sollte die Führungskraft auch immer den informellen Austausch im Blick haben und so Vertrautheit zwischen den Mitarbeitenden stärken.
Fazit
Glück bei der Arbeit wird nicht nur für die Beschäftigten sondern auch für Unternehmen selbst ein immer wichtigerer Faktor, um wettbewerbsfähig zu bleiben und die Bedürfnisse der Beschäftigten erfüllen. Mit der HappinessandWork-Scale gibt es nun ein Instrument, um Glück bei der Arbeit zu erfassen und Ansatzpunkte zur Gestaltung eines glücklicheren Unternehmens zu finden.
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