Werteorientierte Führung: Basis für Kreativität und Innovation

Sich auf gemeinsame Werte zu verständigen ist ein zentraler Schlüssel für den nachhaltigen Erfolg eines Unternehmens. Der Weg dorthin führt jedoch nicht über den allseits üblichen Tagesworkshop, nach dem die Unternehmenswerte dann in schickem Design an der Wand hängen. Ihre gewaltige Kraft können Werte nur entfalten, wenn eine nachhaltige Identifikation mit ihnen gelingt.

In einer komplexen Lebens- und Arbeitswelt ist nicht alles vorhersehbar oder definierbar – das muss es auch nicht sein. Vor allem für die erfolgreiche Bewältigung neuer Herausforderungen ist entscheidend, ob ein stabiles Fundament ausreichend Sicherheit bietet und Handlungsempfehlungen daraus abgeleitet werden können. In Unternehmen bilden gemeinsame Werte diese verlässliche Basis für die Zusammenarbeit und die Zielvorstellungen. Werten kommt hier eine inhaltlich strategische Funktion zu.

Gerade in modern geführten Unternehmen (d. h. agile Organisation, keine strengen, klassischen Hierarchien usw.) bieten Werte eine sichere Orientierung. Nur so können Innovationen entstehen. Zwei Punkte sind dabei entscheidend: Zum einen müssen Werte zum Managementthema werden und aktiv gelebt werden. Zum anderen ist es wichtig zu verstehen, dass die Kraft im Prozess von Bewertung, Interpretation, Kommunikation und einem gemeinsamen Sinn liegt – und nicht im Wert selbst.

Auch im Recruiting von neuen Mitarbeitenden spielen Werte eine wichtige Rolle. Passen persönliche Werte der Bewerber:innen zu den Unternehmenswerten? Entsprechend lässt sich auch bei der Auswahl von Dienstleistenden und Co. vorgehen. Mitunter werden Werte sogar zum Schlüsselerfolgsfaktor für die Bindung von Mitarbeitenden: Schließlich korreliert ihre Zufriedenheit mit dem authentischen Handeln und damit der Integrität, die natürliche wie juristische Personen attraktiver macht.

Der Gegenentwurf zum Tagesworkshop

Wird das Thema Unternehmenswerte mit einem Tagesworkshop abgehandelt, kann keine echte Auseinandersetzung und keine Identifikation mit den Werten stattfinden. Sie bleiben idealisierte Zielvorstellungen und ein nicht gelebter Wertekanon führt schlimmstenfalls zum Verlust der Glaubwürdigkeit des Managements. Das wäre fatal, denn eine wertebasierte Führung kann etwa im Innovationsmanagement eines Unternehmens eine gewaltige Kraft entwickeln. Die Bestimmung, Umsetzung und Verinnerlichung sowie die Messung und Adaption von Werten ist ein aufwändiger Prozess − und Management-Disziplin. Gleichzeitig ist der Ertrag nur indirekt und mittel- bis langfristig spürbar.

Wertearbeit ist also eine nachhaltige Investition, für die es Überzeugung und Geduld braucht. Ebenso ist sie ein partizipativer, kontinuierlicher Prozess und Regelkreislauf − ohne Anfang und ohne Ende. Das setzt nicht nur voraus, sich permanent mit Soll-Werten zu beschäftigen und Ist-Werte zu messen, sondern auch GAP-Analysen durchzuführen und entsprechende Maßnahmen abzuleiten. Darüber hinaus gilt es, die Kraft von Werten zu vermitteln, diese glaubhaft vorzuleben sowie sie gemeinsam zu interpretieren.

Mico Pütz und eine Mitarbeiter sitzen gemeinsam über einem iPad.

Unternehmenswerte sollten kontinuierlich kommuniziert und interpretiert sowie durch Führungskräfte vorgelebt werden. (Foto: Young Digitals Consulting GmbH)

Die eigenen Unternehmenswerte leben

Unternehmen schaffen es, die Werte glaubwürdig zu leben, indem sie das Werte-Management und den entsprechenden Prozess konsequent als zentrale Disziplin moderner Führung verstehen, Verantwortungen definieren und sichtbar Ressourcen investieren. So entsteht Glaubwürdigkeit. Sind die individuellen Werte gefunden, dienen diese als Diskussions- und Interpretationsgrundlage: Verhaltensweisen und Performance lassen sich dadurch konsequent auf Basis vereinbarter Wertegerüste bewerten. Wurde etwa der Wert „Zusammenarbeit“ festgelegt, lässt sich Feedback etwa so formulieren: „Mir ist aufgefallen, dass du in letzter Zeit mehrere Male Team-Ergebnisse als deine eigenen ausgegeben hast. Das entspricht aus meiner Sicht nicht unserem Wert Zusammenarbeit.“ Damit schaffen es Führungskräfte, Feedback auf Werte-Ebene zu heben.

Rollen, Wertegerüste und Mindsets 

Wertebasierte Führung bedeutet auch, dass Werte konsequent in allen Bereichen und Funktionen anzuwenden sind: Im Vertrieb genauso wie in der Mitarbeiterführung, im Customer Service wie in der Produktgestaltung. Wie lassen sich jedoch unternehmensweite Werte definieren, wenn sich die Anforderungen verschiedener Abteilungen stark voneinander unterscheiden? Während etwa im Controlling der Fokus auf Genauigkeit und Analyse liegt, lebt der Bereich Innovation von der Kreativität seiner Mitglieder. Sind frische Ideen gefragt, bieten Werte eine verlässliche Handlungsorientierung und ein für mutige Innovationen unverzichtbares Fundament. So müssen Mitarbeitende im Innovationsmanagement auf eine Kultur vertrauen können, die Fehler als Möglichkeiten zur Weiterentwicklung sieht, anstatt diese zu tabuisieren.

Für die Wertearbeit bedeutet das: Unterschiedliche Teams mit unterschiedlichen Schwerpunkten brauchen auch entsprechende Wertegerüste und Mindsets. Neben gemeinsamen Unternehmenswerten kann es dann ergänzend Team-Werte oder Rollen-Werte geben. So können die Unternehmenswerte insgesamt eher leistungsorientiert aufgestellt sein. Im Finance-Team herrscht dabei eine Erhaltungskultur vor, die viel Wert auf Sicherheit und Konformität legt. Der Kundendienst hingegen lebt ein transzendentes Wertegerüst (vgl. Wertekontinuum nach Schwartz). Hierzu zählt etwa der Fokus auf Universalismus und Wohlwollen mit Kernwerten wie Fürsorge, Zuverlässigkeit und Toleranz. Auch innerhalb von Teams können Personen unterschiedliche eigene Werte haben, sich aber auf gemeinsame Team-Werte einigen. Dem Management kommt wiederum die Aufgabe zu, ein ausgewogenes Wertebild des Unternehmens zu schaffen, zu moderieren und die Werte aller Teams zusammenzuführen.

Fazit

Schaffen es Unternehmen, gemeinsame Werte zu finden und zu leben, profitieren sie gleich mehrfach: Die Werte entwickeln eine Strahlkraft, um Mitarbeitenden das nötige Maß an Orientierung zu geben, innerhalb derer sie selbst auf angemessene Handlungsweisen schließen können − und zwar in unterschiedlichsten Situationen. So entsteht eine echte Kultur von Eigenständigkeit und Vertrauen, die konsistent zu einem verantwortlichen Verhaltensleitbild ist, und entsprechende Produktivitäts-Effekte zeigt. Mitunter generieren Werte dann auch einen enormen Wettbewerbsvorteil: Mitarbeitende, die sich mit den authentischen und gelebten Werten identifizieren, sehen klar den Sinn in ihrer Tätigkeit und bleiben dem Unternehmen gerne treu.

Wertebasierte Führung: Aufgaben des Managements - Checkliste

  • Führungsphilosophie und Werte müssen zueinander passen und Leitlinien für das Handeln vorgeben
  • Exponierte Personen sollten Werte sichtbar vorleben: Wenn der CEO über sich lachen oder eigene Fehler einräumen kann, wird das auf alle Hierarchieebenen ausstrahlen.
  • Das Management sollte sichtbar Zeit in die Wertearbeit investieren − und zwar entsprechend der Werte: Ist Perfektion ein bewusst gelebter Wert, sollte auch der Prozess sehr gut und mit hoher Professionalität vorbereitet und umgesetzt werden.   
  • Nur wenn ein gemeinsames Verständnis für Werte entsteht, gelingt eine echte Verankerung im Unternehmen. Kommunikation und Austausch über ihre Interpretation sind deshalb essenziell.
  • Das Denken in Werten lässt sich konsequent trainieren: So lassen sich Alltagssituationen in Werte rückübersetzen oder diese extrahieren. Gleichzeitig lassen sich Werte in Alltagssituationen und alternative Handlungsweisen übersetzen.
  • Das Management ist auch dafür verantwortlich, Werte mithilfe von Stories aus der Vergangenheit zu untermauern und sie weiterzuentwickeln: Dafür extrahiert es aus Schlüsselgeschichten, die die Identität des Unternehmens bestimmen, die enthaltenen Werte.

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