Nachhaltige Erholung – wie Urlaub länger wirkt
Kaum zurück bei der Arbeit – und schon fühlt sich der Urlaub wie eine Ewigkeit her an? Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, warum das so ist, wie Sie im Urlaub wirklich abschalten, ohne krank zu werden, und was Sie tun können, damit die Erholung länger anhält: Wer gezielt auf bestimmte Erholungsfaktoren achtet, kann nicht nur tiefer entspannen, sondern auch verhindern, dass die Urlaubseffekte schnell wieder verpuffen.
Urlaub wirkt wie eine „Pause-Taste“ für Körper und Psyche. Kurzfristig steigert Urlaub unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit (De Bloom et al., 2012). Doch der Erholungseffekt hält oft nur wenige Tage bis Wochen nach der Rückkehr an. In der Psychologie bezeichnet man diese schnelle Abnahme der Erholung als „Fade-Out-Effekt“ (Fritz & Sonnentag, 2007). Er tritt auf, wenn die Anforderungen des Arbeitsalltags nach dem Urlaub schlagartig unser Stresslevel erhöhen und so positive Erholungseffekte überlagern. Dadurch fühlen wir uns bereits nach wenigen Tagen wieder wie vor dem Urlaub.
Wie nachhaltige Erholung im Urlaub gelingt
Ob wir zu Hause bleiben, Familie besuchen, campen oder ins Wellnesshotel fahren – im Urlaub suchen wir v. a. eines: Erholung. Aber nachhaltige Erholung entsteht nicht automatisch in ein oder zwei Wochen Urlaub. Erkenntnisse aus der Forschung zeigen, was einen Urlaub besonders erholsam macht und wie wir diese Erholung aufrechterhalten können (De Bloom et al., 2012; Fritz & Sonnentag, 2006):
1. Erholung fängt vor dem Urlaub an
Die Urlaubsvorbereitung spielt eine wichtige Rolle für unsere Erholung. Die freudige Erwartung, die Vorstellung, das Planen von schönen Unternehmungen – all das lässt uns im Urlaub tiefer entspannen und erholen. Zudem hält die Urlaubserholung länger an, wenn wir schon vor dem Urlaub langsamer machen und nicht alle offenen Aufgaben noch auf den letzten Drücker erledigt werden müssen.
2. Urlaubsgestaltung: Balance aus Aktivität und Ruhe
Wie wir unseren Urlaub verbringen, hat natürlich ebenso Einfluss auf die Erholsamkeit. Für nachhaltige Erholung sollte der Urlaub nicht zu eng getaktet sein und er sollte Luft lassen, um körperlich und gedanklich zur Ruhe zu kommen. Gleichzeitig fördern Aktivitäten wie Sport, Zeit in der Natur oder auch kulturelle Angebote unsere Erholung, indem sie unsere persönlichen Ressourcen, z. B. Kreativität, auffüllen. Solche Ressourcen helfen uns nach dem Urlaub, unseren Alltagsstress besser zu bewältigen.
3. Psychologische Distanz gewinnen
Auch was wir im Urlaub denken, kann unsere Erholung beeinflussen. Psychologische Distanz aufzubauen, d. h. Abstand von der Arbeit zu gewinnen und gedanklich abzuschalten, ist dabei wohl einer der wichtigsten Faktoren für nachhaltige Urlaubserholung (Sonnentag & Fritz 2007).
4. Zeit zu schlafen
Im Arbeitsalltag schlafen viele von uns zu wenig. Urlaub bietet daher die optimale Gelegenheit, mal wieder lang zu schlafen und richtig auszuruhen. Schließlich gilt Schlaf als zentraler Faktor für nachhaltige Erholung.
Erholung bewahren – was nach dem Urlaub zählt
Auch nach einem langen, erholsamen Urlaub bleiben wir nicht automatisch von einem Fade-Out-Effekt verschont, denn Erholung lässt sich nur begrenzt vorholen. Spätestens nach ein paar Wochen fühlen sich die meisten deshalb wieder urlaubsreif. Damit wir von einem Urlaub nachhaltig profitieren, benötigen wir also Strategien, um die Erholung auch im Alltag aktiv aufrechtzuerhalten (Kühnel & Sonnentag, 2010).
- Mikroerholung im Alltag
An die im Urlaub gewonnene Erholung können wir nach der Rückkehr in den Alltag anknüpfen. Hier hilft es, bewusst zu reflektieren und kleine erholsame Aktivitäten aus dem Urlaub in den Alltag zu übernehmen. Mikropausen, regelmäßige Bewegung und Zeit in der Natur tragen ebenso dazu bei, dass die Urlaubserholung länger anhält. - Nachwirken lassen
Den Urlaub bewusst zu reflektieren und nachwirken zu lassen, z. B. durch das Ansehen von Fotos oder Erzählungen, stärkt unser Wohlbefinden nach dem Urlaub. Die Erinnerung an schöne Urlaubserlebnisse lässt positive Emotionen wieder aufleben und hält uns so länger entspannt und erholt. - Rückkehrpläne
Gerade bei einem längeren Urlaub bleiben gerne Aufgaben liegen und das E-Mail-Postfach quillt über. Daher ist es besonders wichtig, den Rückkehrprozess bewusst zu planen. Am ersten Arbeitstag einen strukturierten Rückkehrplan zu erstellen, schafft eine Übersicht über anstehende Aufgaben und hilft, klare Prioritäten zu setzen. Anstatt also alle Aufgaben sofort aufzuarbeiten, sorgen eine moderate Arbeitslast in der ersten Woche sowie klare Grenzen der Erreichbarkeit dafür, die Urlaubserholung zu bewahren und langsam wieder in den Arbeitsalltag zu starten. So können Sie dem Fade-Out-Effekt entgegenwirken.
Krank im Urlaub? Was dahinter steckt und wie Sie gegensteuern können
Erholung sieht nicht immer gleich aus. Auch wenn Kranksein keine gewünschte Form der Erholung darstellt, kann es eine tiefere körperliche Regeneration begünstigen. Der Körper nutzt die ungewohnte Ruhephase, um aufzuholen, was im Dauerstress des Alltags unterdrückt wurde. Diese Art „Zwangspause“ entlastet zwar physisch, trägt jedoch weniger zur mentalen Erholung bei. Besonders wenn wir im Arbeitsalltag unter ständiger Anspannung stehen, besteht also ein höheres Risiko, im Urlaub krank zu werden. In der Wissenschaft wird dieses Phänomen als „Leisure Sickness“ bezeichnet, wobei Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Erkältungen pünktlich zum Urlaubsstart auftreten (Van Heck & Vingerhoets, 2007). Doch was begünstigt das Auftreten von Leisure Sickness?
3 Gründe für Leisure Sickness
- Plötzlicher Stressabfall
Wenn anhaltender Stress plötzlich abfällt, kann es vorkommen, dass unser Körper eine Art „Gegenreaktion“ zeigt. Sobald die Alltagsbelastungen stoppen, fährt der Körper das unterdrückte Immunsystem wieder hoch und Infektionen oder Entzündungen kommen zum Vorschein, was sich in Erkältung, Kopfschmerzen oder starker Erschöpfung äußern kann.
Was Sie tun können: Planen Sie den Urlaubsantritt so, dass die Woche vor dem Urlaub schon etwas ruhiger ist und nicht in einem maximalen Stresshöhepunkt endet. - Veränderte Routinen und Reisen
Viele von uns verreisen im Urlaub oder verändern ihre gewohnten Alltagsroutinen. Ob wir den Kaffee zwei Stunden später trinken, mehr schlafen oder an einen neuen Ort fahren, wir konfrontieren unseren Körper erstmal mit einigen Veränderungen. Ungewohnte Routinen, ein fremdes Umfeld, andere Zeitzonen oder Klima – all das kann uns für einen Moment aus dem Gleichgewicht bringen und z. B. eine Erkältung begünstigen.
Was Sie tun können: Beginnen Sie die Erholungsphase mit einem Übergangstag zu Hause. - Psychosoziale Faktoren und Freizeitstress
Freizeit und Urlaub sind nicht für jede*n etwas Entspannendes. In den Urlaubswochen fehlt oft die gewohnte Struktur und wir bewegen uns auch mal außerhalb der eigenen Komfortzone, was Stress bedeuten kann. Auch die Pflege von sozialen Beziehungen zu Familie und Freund*innen kostet Energie und kann unter Umständen Stress verursachen. Gleichzeitig tragen z. B. Schuldgefühle oder die Sorge, etwas bei der Arbeit zu verpassen, zur Verstärkung von Erschöpfung und Leisure Sickness bei (Van Heck & Vingerhoets, 2007).
Was Sie tun können: Gönnen Sie sich kleine Erholungspausen außerhalb des Urlaubs. Fragen Sie sich, was Sie brauchen, um zu entspannen und loszulassen. Gestalten Sie zumindest einen kleinen Teil Ihres Urlaubs ganz nach Ihren persönlichen Bedürfnissen.
Warum Erholung auch eine Frage der Unternehmenskultur ist
Nicht nur individuelle Strategien entscheiden, wie nachhaltig erholsam unser Urlaub ist. Unternehmen, in denen ständige Erreichbarkeit erwartet wird, verhindern echte Erholung im Urlaub und verstärken Fade-Out-Effekte nach der Rückkehr. Auch Führungskräfte und Teamkolleg*innen tragen ihren Anteil zu unserer Erholung bei. Erfahren wir unterstützende Beziehungen am Arbeitsplatz – etwa, dass Führungskräfte Urlaubszeiten respektieren oder Kolleg*innen die Abwesenheit mittragen – kann dies unsere Erholung begünstigen (vgl. Els et al., 2015; Volmer et al., 2023). Zudem lässt sich annehmen, dass solche positiven Interaktionen den Wiedereinstieg in den Arbeitsalltag erleichtern.
Fazit
Urlaub entfaltet und erhält seine Wirkung am besten, wenn Sie ihn bewusst planen und aktiv gestalten. Psychologische Distanz, erholsame Aktivitäten und ausreichend Schlaf tragen zu echter Entspannung bei und lassen uns erholt in den Arbeitsalltag zurückkehren. Zudem können regelmäßige Pausen und strukturierte Rückkehrpläne einem Urlaubs-Fade-Out entgegenwirken. Nachhaltige Erholung entsteht aber nicht allein durch individuelles Verhalten; erst in einer Unternehmenskultur, die Auszeiten unterstützt und wertschätzt, kann Urlaub die Erholung bringen, die wir uns wünschen.