Ungewollte Kündigungen vermeiden

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Mehr Geld, spannendere Aufgaben oder Konflikte mit der Führungskraft – es gibt viele Gründe, warum Mitarbeiter:innen kündigen wollen. Durch ungewollte Fluktuation entstehen für die Organisation erhebliche Probleme. Es lohnt sich daher, diese ernst zu nehmen und bei den Ursachen anzusetzen.

„Ich möchte meine Kündigung einreichen.“ Haben Sie diesen oder ähnliche Sätze in letzter Zeit öfter gehört? Mitarbeiter:innen verlassen Organisationen aus ganz unterschiedlichen Motiven: eine neue Anstellung verspricht mehr Gehalt, mehr Verantwortung oder neue Herausforderungen. Manche Gründe liegen aber auch in der eigenen Organisation, z. B. wenn Mitarbeiter:innen mit dem Führungsverhalten oder dem Team unzufrieden sind, die Arbeitsbelastung zu hoch oder die Vereinbarkeit mit der Familie nicht gegeben ist.

Wenn Sie als Führungskraft oder Personaler:in Interesse daran haben, Mitarbeiter:innen langfristig im Team zu binden, kann es sinnvoll sein, die Gründe für ungewollte Fluktuationen zu hinterfragen und Interventionen zur Verbesserung der Arbeitszufriedenheit zu implementieren. Leitlinien für die systemische Analyse von Fluktuationsgründen sowie praxisnahe Handlungsempfehlungen auf der Grundlage des aktuellen Forschungsstands finden Sie im aktuell erschienen Buch Fluktuationsmanagement von Alexander Häfner und Christina Truschel (Hogrefe Verlag). Einige zentrale Punkte haben wir im Folgenden für Sie zusammengefasst.

Kündigungen bedeuten Mehraufwand

Ungewollte Fluktuationen können für die Organisation und den Personalbereich einen erheblichen personellen Mehraufwand sowie betriebliche Kosten nach sich ziehen. Dies wird v. a. dann zum Problem, wenn es immer wieder zu ungewollten Fluktuationen kommt. Der personelle und finanzielle Mehraufwand entsteht zum einen durch die administrative Abwicklung der Kündigung (z. B. Arbeitszeugnisse, Rücknahme von Firmeneigentum, IT-Abmeldungen) sowie die Rekrutierung neuer Mitarbeiter:innen (z. B. Stellenausschreibungen, Vorstellungsgespräche, Aufsetzen von Arbeitsverträgen). Auch die Einarbeitung neuer Kolleg:innen geht mit einem höheren Aufwand für Führungskräfte und Kolleg:innen einher. Zeitgleich besteht während der Einarbeitungsphase eine verringerte Produktivität. Zum anderen geht durch Personalwechsel oftmals spezifisches Wissen verloren. Für Kund:innen und Lieferanten fallen Ansprechpartner:innen weg, Arbeitsabläufe geraten ins Stocken und die Fehlerquote steigt. Dies kann sich auch negativ auf Kundenzufriedenheit und Kundenbindung auswirken.

Kündigt ein:e Mitarbeiter:in, kann dies zudem weitere Kündigungen nach sich ziehen und so eine negative Fluktuationsspirale auslösen. In der Folge kann es immer schwieriger werden, qualifizierte Fachkräfte für die eigene Organisation zu gewinnen.

Mehrere Personen sitzen über einem Blatt, auf dem verschiedene Grafiken abgebildet sind.

Die Ursachenanalyse hilft, Gründe für Austritte zu ermitteln, so dass Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können. (Foto: Fauxels – Pexels.com)

Gründe hinterfragen und ernst nehmen

Es ist daher wichtig, ungewollte Fluktuation ernst zu nehmen. Sowohl die Geschäftsleitung als auch die Personalabteilung sollte sich damit beschäftigen und versuchen, die Ursachen zu verstehen. Für die konkrete Ursachenanalyse können beispielsweise Austrittsgespräche, aber auch regelmäßige Personalgespräche und Mitarbeiter:innen-Befragungen genutzt werden. An folgenden Leitfragen können Sie sich dabei orientieren (ebnd., S. 39):

  • Welche Hauptgründe bewegen die Mitarbeiter:innen zu einer Kündigung?
  • Wohin wechseln die Mitarbeiter:innen?
  • Was zieht die Mitarbeiter:innen zum neuen Arbeitgeber?
  • Was hält Mitarbeiter:innen in der eigenen Organisation?

Zeigen Sie als Führungskraft oder Personaler:in Offenheit, die Ursachen zu reflektieren und entsprechende Interventionen abzuleiten, um den Arbeitsplatz, die Arbeitsbedingungen und das Führungsverhalten stetig zu verbessern! Maßnahmen können z. B. auf folgenden Ebenen ansetzen:

1. Regelmäßige Mitarbeiter:innengespräche führen

Es ist wichtig, regelmäßige Gespräche mit Mitarbeiter:innen zu führen. Diese bieten nicht nur die Möglichkeit, Fluktuationsabsichten zu erfragen. Sie sind auch eine Chance, Verständnis für Unzufriedenheiten zu zeigen, konkrete Vereinbarungen zu treffen und die Beziehungsqualität sowie das Vertrauen zwischen Mitarbeitenden und Führungskraft zu stärken.

2. Integration im Team verbessern

Mitarbeiter:innen, die neu ins Unternehmen kommen, sollten in den ersten Monaten sowohl fachlich als auch sozial ins Unternehmen integriert werden. Durch unterschiedliche Maßnahmen zur Verbesserung der Einarbeitung kann sowohl die berufliche Selbstwirksamkeit gestärkt als auch der Stress für die Neueinsteigenden vermindert werden. Hierzu gehören u. a. Mentoren-Programme oder Welcome-Veranstaltungen.

Aber auch das allgemeine Teambuildung ist wichtig: Teamausflüge, gemeinsame Essen oder Workshops unterstützen den Teamzusammenhalt, stärken die internen Netzwerke und beugen Konflikten vor.

3. Verbesserung der Lebensqualität

Um die Resilienz und Erholung von Mitarbeiter:innen zu stärken, helfen Maßnahmen zur Veränderung der Arbeits- und Pausengestaltung sowie zur Reduktion der Aufgabendichte. Durch Verminderung von Stress wird einer Überforderung der Mitarbeiter:innen vorgebeugt.

Neben dem allgemeinen Stresslevel wirkt sich auch die allgemeine Lebenszufriedenheit auf die Arbeitszufriedenheit aus. Daher kann es relevant sein, die Mitarbeiter:innen in privaten Lebensbereichen zu unterstützen, z. B. bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Hierzu gehören Maßnahmen wie flexible Arbeitszeitmodelle oder Beratungsangebote zu unterschiedlichen Aspekten des Lebens (z. B. Altersvorsorge, Pflege von Angehörigen oder Kindergartenbetreuung). Aber auch Sonderurlaub bei ehrenamtlichem Engagement oder betriebliche Gesundheits- und Sportangebote können dazu beitragen.

4. Organisationsentwicklung

Letztendlich kann es auch darum gehen, die Organisation als Ganzes weiterzuentwickeln, um die Arbeitszufriedenheit zu steigern. Dazu gehören u. a. die Einführung neuer Arbeitsmethoden, Veränderungen im Gehaltssystem sowie Weiterentwicklung von Partizipationsmöglichkeiten.

Herausforderungen im Veränderungsprozess

Fluktuationsmanagement wird von den Autor:innen als ein Gesamtprozess verstanden, der aus (1) Ursachenanalyse, (2) Ableitung von Maßnahmen sowie (3) Evaluation besteht. Damit dieser Gesamtprozess nicht ins Stocken gerät, ist es wichtig, dass er durchgängig von einer Stelle gesteuert wird. Zudem sollte er mindestens jährlich in einem Gremium der Geschäftsleitung verankert werden, um Entscheidungen auf dieser Ebene treffen und notwendige Ressourcen bereitstellen zu können.

Da schlecht gestaltete Veränderungsprozesse Unzufriedenheit unter Mitarbeiter:innen hervorrufen und somit eine ungewollte Fluktuation sogar noch begünstigen können, ist es zudem wichtig, Mitarbeitende in die Veränderungsprozesse miteinzubeziehen. Dies setzt auch eine Führung auf Augenhöhe voraus sowie die Bereitschaft, sich als Führungskraft darum zu kümmern, dass Mitarbeiter:innen zufrieden und gesund gute Leistungen erbringen können. Bevor ein Fluktuationsmanagement implementiert werden kann, ist es daher manchmal notwendig, zuvor die Führungsaufgaben zu reflektieren und zu klären.

Zum Weiterlesen:

Häfner, A. & Truschel, C. (2022). Fluktuationsmanagement – Ungewollte Kündigungen vermeiden. Göttingen: Hogrefe. Weitere Informationen finden Sie hier.

Das Buch erscheint in der Reihe Praxis der Personalpsychologie, herausgegeben von Heinz Schuler, Jörg Felfe, Rüdiger Hossiep und Martin Kleinmann.