Was gegen Mobbing am Arbeitsplatz wirklich hilft

Mobbing ist nicht nur in Schulen ein Problem, auch im Arbeitskontext tritt Mobbing auf. Oft leiden die Betroffenen im Verborgenen, bekommen gesundheitliche Probleme und sind weniger leistungsfähig. Dabei braucht es nicht viel, um Mobbing im Keim zu ersticken und ein kollegiales Miteinander zu schaffen.  

Mobbing – dieses Wort ruft keine schönen Assoziationen hervor. Am Arbeitsplatz wird Mobbing definiert als wiederholt belästigendes, beleidigendes oder ausgrenzendes Verhalten gegenüber Mitarbeiter:innen. Dadurch wird die Arbeit der gemobbten Person beeinträchtigt und es entsteht oder verschärft sich ein Machtungleichgewicht zwischen Mobber:innen und Betroffenen (Einarsen et al., 2020). Mobbing grenzt sich dabei durch die längere Zeitdauer (i. d. R. mindestens sechs Monate) von anderen Formen der Schikane und Gewalt am Arbeitsplatz ab (Leymann, 1996). 

Mobbing am Arbeitsplatz ist keine Seltenheit 

Laut der Europäischen Erhebung über die Arbeitsbedingungen (EWCTS) von 2021 gaben 7% der Befragten an, dass sie im vergangenen Jahr Mobbing, Schikane oder Gewalt am Arbeitsplatz ausgesetzt waren (Destatis, 2021). Auf Deutschland bezogen gaben in einer anderen Studie 29% der Befragten an, dass sie während ihres Arbeitslebens schon einmal Mobbing erlebt haben, während 17% dies lediglich bei Kolleg:innen oder Vorgesetzten mitbekommen hatten (Suhr, 2021). 

Eine andere Umfrage, bei der von Mobbing betroffene Arbeitnehmende in Deutschland befragt wurden, stammten die Täter:innen mit 75% der Fälle am häufigsten aus dem Kollegium. 54% der Betroffenen berichteten von Mobbing durch Vorgesetzte und nur 9% wurden von Untergebenen gemobbt (Statista Research Department, 2024).  

Mobbing hat gravierende Folgen 

Mobbing am Arbeitsplatz ist Gift für das persönliche Wohlbefinden, wie mittlere bis große statistische Effekte zeigen (Mikkelsen et al., 2020). Warum dies so ist, kann z. B. das Job-Demands-Resources-Modell von Bakker und Demerouti (2007) erklären: Das Modell geht davon aus, dass Arbeitsanforderungen (job demands) und Ressourcen (resources) bei der Erbringung von Arbeitsleistung relevant sind. Arbeitsanforderungen verlangen Anstrengung und beanspruchen die physische und mentale Energie von Arbeitnehmenden, während Ressourcen den Stress und die Arbeitsbelastung abschwächen (Bakker et al., 2005). Sowohl Anforderungen als auch Ressourcen lassen sich gemäß Lee et al. (2020) in folgende Kategorien einteilen:  

  • Heimbezogen: Welche Anforderungen und Ressourcen gibt es im Zuhause von Arbeitnehmenden? 

  • Persönlich: Welche individuellen Merkmale beeinflussen die Arbeitsleistung von Mitarbeitenden? 

  • Arbeitsbezogen: Unter welchen Arbeitsbedingungen sind Mitarbeitende tätig? 

  • Sozial: Wie fordernd oder unterstützend sind die Interaktionen und Beziehungen zu Kolleg:innen? 

  • Organisational: Welche Merkmale der Organisation stellen Anforderungen an Mitarbeitende und welche unterstützen sie in ihrer individuellen Entwicklung

Ressourcen, die zur Reduktion der negativen Auswirkungen von Mobbing am Arbeitsplatz hilfreich sind, können somit aus unterschiedlichen Bereichen stammen. Doch welche Bereiche sind besonders bedeutsam?  

Stress und Unsicherheit begünstigen Mobbing 

Eine Garantie für absolute Immunität gegen Mobbing gibt es nicht. Trotzdem lohnt es sich, bei den Arbeitsbedingungen anzusetzen, da diese wegbereitend für Mobbing sein können: Wo die Arbeitstage lang und mit zahlreichen, teils konfligierenden Aufgaben vollgepackt sind, ist die Anspannung größer und das Risiko für Konflikte zwischen Kolleg:innen nimmt zu (Trépanier et al., 2021). Ein Mangel an sozialer Unterstützung und Entscheidungsspielräumen steigert dieses Risiko zusätzlich (Forsell et al., 2017). 

Ansonsten ist eine unsichere Arbeitsumgebung von Nachteil: Wird wenig auf das Wohlbefinden der Mitarbeitenden geachtet oder sind die Kommunikationswege intransparent und die Hierarchien steil, kann Mobbing leichter stattfinden und Betroffene erhalten weniger Hilfe (Farley et al., 2023). Passend dazu nimmt anders als bei ethischer oder transformationaler Führung Mobbing am Arbeitsplatz bei einem Laissez-faire-Führungsstil zu (Nielsen, 2013).  

Warum persönliche Ressourcen und ethische Führung nicht ausreichen 

Häufig wird angenommen, dass die wirksamste Maßnahme gegen Mobbing das Stärken der persönlichen Ressourcen der Mitarbeitenden sei. Doch diese These ist zu hinterfragen, wie ein Review von Farley et al. (2023) vor Augen führt: Die untersuchten 68 Studien, die mehrheitlich in Europa, aber auch in Asien (13 Studien), Ozeanien (9 Studien), Afrika (5 Studien) und Nordamerika (4 Studien) erfolgten, zeigen, dass Mobbing am Arbeitsplatz das persönliche Wohlbefinden weitestgehend unabhängig von persönlichen Merkmalen beeinträchtigt. Daher reicht die Förderung adaptiver Bewältigungsstrategien bei Arbeitnehmenden nicht aus. Laut Nielsen und Einarsen (2018) können individuelle Ressourcen v. a. in frühen Phasen von Mobbing eine schützende Wirkung haben, richten jedoch weniger aus, wenn das Mobbing anhält und sich kontinuierlich verschlimmert.  

Auch das Führungsverhalten scheint nur begrenzt dem durch Mobbing entstehenden Schaden etwas entgegenhalten zu können: So verschwanden die positiven Effekte ethischer Führung in einer Untersuchung von Mostafa et al. (2021) durch unkollegiales, den Erfolg, Ruf oder die Beziehungen von Mitarbeitenden einschränkendes Verhalten im Team. Die gemischten Befunde im Review von Farley et al. (2023) lassen allerdings vermuten, dass die Unterstützung durch die Führungskraft zwar nicht der wichtigste Ansatzpunkt ist, jedoch keinesfalls wirkungslos ist. 

Hands on: Geben Sie Mobbing keine Chance! 

Umso wichtiger sind soziale und organisationale Ressourcen: So können Kolleg:innen Beistand leisten und aktiv an die Seite von Betroffenen treten (Paull et al., 2012; Rimé, 2009). Auch sollte die Organisation ein Klima schaffen, in dem sich die Mitarbeitenden sicher fühlen und ihr Wohlbefinden vor dem Unternehmenserfolg Priorität hat. Mithilfe folgender Maßnahmen können Sie dies erreichen: 

  • Frühwarnsysteme: Richten Sie eine Anlaufstelle für Arbeitnehmende mit psychischen oder anderen Problemen ein (Law et al., 2011). Lassen Sie Ihre Angestellten auch im Erkennen von und Umgang mit Mobbing schulen oder verteilen Sie Broschüren und Infomaterial (Beermann, 2011). 

  • Konfliktlösung: Beschwerdestellen, Moderations- und Mediationsverfahren oder Unterstützungsprogramme, um für Angestellte ein:e Berater:in oder Therapeut:in zu finden, sowie Mobbingbeauftragte bieten Mobbing am Arbeitsplatz Paroli (Zapf & Vartia, 2020). 

  • Psychologische Sicherheit: Kommunizieren Sie klar, dass in Ihrem Unternehmen Mobbing nicht toleriert, sondern geahndet wird, und gestalten Sie Jobprofile so, dass es möglichst nicht zu Rollenkonflikten und Unsicherheit kommt (Dollard et al., 2017). Auch das Stärken der interkollegialen Beziehungen, indem Sie z. B. Buddy-Netzwerke bilden oder regelmäßige informelle Meetings einberufen, tragen zur psychologischen Sicherheit bei. 

  • Arbeitsorganisation: Flache Hierarchien, transparente Entscheidungsabläufe und die Abstimmung von Arbeitsanforderungen und Qualifikationen sind hilfreich, um Partizipation und einen offenen Austausch zu fördern (Beermann, 2011). 

  • Führungsverhalten: Als Führungskraft prägen Sie den Arbeitsalltag Ihrer Mitarbeitenden. Positionieren Sie sich offen gegen Mobbing, signalisieren Sie Ansprechbarkeit für Betroffene und sprechen Sie Meinungsverschiedenheiten und Konflikte direkt an. Greifen Sie möglichst früh ein, um Eskalationen vorzubeugen, und prüfen Sie Gerüchte über etwaige Mobbingvorfälle kritisch und gewissenhaft (Beermann, 2011).   

Fazit 

Die Liste mit Tipps ließe sich noch lange fortführen. In der Quintessenz zeigen alle Ratschläge jedoch auf, dass Transparenz, offene Kommunikation, psychologische Sicherheit und strukturelle Unterstützung bedeutsame Schlagworte für eine wirksame Prävention und Reduktion von Mobbing am Arbeitsplatz sind. Holen Sie das Thema aus seiner Nische, denn dort richtet es den größten Schaden an. 

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