Co-Construction im Dialog – 1:1-Meetings als Führungsinstrument
Führung besteht in erster Linie aus der Gestaltung von Interaktionen und entfaltet sich insbesondere im direkten Austausch zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden. In 1:1-Meetings können Sie diese Zusammenarbeit aktiv gestalten und gemeinsam Lösungen erarbeiten.
Kommunikation vollzieht sich im Arbeitsalltag oftmals zwischen Tür und Angel, kann aber auch systematisch gestaltet werden. Neben den institutionalisierten jährlichen Mitarbeitendengesprächen und Teambesprechungen gibt es ein weiteres Format, das von Führungskräften als Instrument genutzt wird: 1:1-Meetings. Dabei trifft sich die Führungskraft mit einzelnen Mitarbeitenden, nicht anlassbezogen, sondern regelmäßig. Es gibt sie als Jour Fixe, Routine oder Rücksprache. Egal, wie sie heißen und in welchem Rhythmus sie stattfinden, sie können wertvoll für das gemeinsame Wirken von Führungskraft und Mitarbeitenden sein.
Warum 1:1-Meetings wichtig sind
Steven G. Rogelberg hat in seinem Buch „Glad We Met – The Art and Science of 1:1-Meetings” das bilaterale regelhafte Gespräch zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden gründlich unter die Lupe genommen. Er kommt zu dem Schluss, dass 1:1-Meetings entscheidend für den Erfolg sowohl des Einzelnen als auch des Teams sind. Sie fördern u. a.:
- die Beziehung zwischen beiden Seiten,
- das Engagement und die individuelle Leistung von Mitarbeitenden
- die persönliche Entwicklung der Mitarbeitenden
- die Leistung der Führungskraft
Wie Sie 1:1-Meetings gestalten können
Die Ausgestaltung von 1:1-Meetings kann variieren, hinsichtlich
- Rhythmus (z. B. wöchentlich, zweiwöchentlich, monatlich)
- Dauer (z. B. 30, 45, 60 oder 90 Minuten) und
- Form (Präsenz vs. Online)
Am meisten verbreitet und am meisten präferiert sind wöchentliche Meetings (Rogelberg, 2024). Diese Frequenz ermöglicht es, aktuelle Themen zeitnah zu besprechen. Bei einer Führungsspanne von mehr als 10 Personen kann es sinnvoll sein, Rhythmus und Dauer der Gespräche so anzupassen, dass der Kontakt zu allen Teammitgliedern gleichermaßen aufrechterhalten wird.
Was 1:1-Meetings beinhalten können
1:1-Meetings sind weder Beurteilungssituationen noch Entwicklungsgespräche. Sie dienen dazu, die Zusammenarbeit zu stärken und Herausforderungen sowie Fortschritte zu besprechen. Sie sind also nicht nur für eine Statusaktualisierung da, sondern sollten Raum für die Identifikation und Lösung von Problemen bieten.
Inhaltlich können sie individuell ausgestaltet werden, mit oder ohne wiederkehrende Meeting-Agenda. Themen der Mitarbeitenden können z. B. sein:
- Aufgaben, die gut und die weniger gut laufen
- Aufgaben, bei denen Hindernisse oder Herausforderungen auftreten
- Austausch über Ideen und Perspektiven
- Entwicklungen, über die die Führungskraft Bescheid wissen sollte
- Klärung von Prioritäten
- Unterstützungsbedarfe
Aus Sicht der Führungskraft sind z. B. folgende Aspekte in 1:1-Meetings bedeutsam:
- Informationen, die für die Aufgaben der Mitarbeitenden relevant sind
- Aufgaben, die delegiert werden
- Gelegenheiten zum Feedback und Feedforward
- Einholen von Rückmeldungen zum eigenen Führungsverhalten.
Wie 1:1-Meetings am besten gelingen
- Indem Mitarbeitende und Führungskraft vorab die Themen und Fragen notieren, die sie ansprechen möchten, können sie die zur Verfügung stehende Zeit effektiv nutzen.
- Die hierarchische Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden und das Format des unmittelbaren direkten Austauschs „von Angesicht zu Angesicht“ kann ein Ungleichgewicht schaffen, das die Offenheit und den Austausch von Ideen einschränkt. Insbesondere dann, wenn Mitarbeitende noch kein co-konstruktives Rollenverständnis haben. Ein offenes Gesprächsklima und gegenseitiges Vertrauen sind daher entscheidend. Mitarbeitende sollten sich sicher fühlen, ihre Gedanken, Bedenken und Ideen zu formulieren. Die Führungskraft kann das fördern, indem sie aktiv zuhört und Fragen stellt.
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Die Führungskraft sollte Vertraulichkeit wahren und ein Umfeld schaffen, in dem offene Gespräche möglich sind. 1:1-Meetings bieten – wenn Vertrauen aufgebaut ist – die Chance, dass auch wichtige Themen, mit denen Mitarbeitende sonst die Führungskraft „nicht beschäftigten“ wollen, Raum finden.
- Wenn über die Zeit beide Seiten die Erfahrung machen, dass das Gespräch nützlich ist, etabliert sich eine Gesprächskultur, auf die aufgebaut werden kann. Eine positive, unterstützende Haltung seitens der Führungskraft hilft, damit Mitarbeitende sich ermutigt fühlen und wissen, dass ihre Beiträge wertgeschätzt werden.
Wo Grenzen sind und Gefahren schlummern
Wie alle Führungsinstrumente haben 1:1-Meetings auch Grenzen und sind mit Risiken verbunden:
- 1:1-Meetings können zeitintensiv sein. Wenn sie nicht gut geplant sind, können sie ineffizient werden. Die Gefahr ist, dass dies „Meeting-Stress“ auslöst und die Qualität darunter leidet oder am Ende geplante Meetings ständig verschoben werden.
- Ohne Struktur oder Systematik im Kopf können oberflächliche Gespräche entstehen und wichtige Themen nicht auf den Tisch kommen
- Es besteht auch die Gefahr des Eintauchens in operative Details. Dies kann in vielen Phasen sinnvoll sein, bereitet allerdings auch Mikromanagement den Nährboden. Hier ist es hilfreich gemeinsam zu reflektieren, welche Detailtiefe förderlich ist.
- 1:1-Meetings ersetzen keine Teambesprechungen. Führungskräfte müssen also abwägen, was in die Teambesprechung und was in ein 1:1 gehört.
Die Grenzen und Risiken erfordern insbesondere bei der Führungskraft eine Selbstführung, die mit der Reflexion beginnt und sich in der Ausgestaltung der 1:1-Meetings sowie weiterer Kommunikationsformate äußert.
Gestaltungsspielräume überlassen
Wenn Sie das Buch von Steve Rogelberg lesen, könnten Sie auf die Idee kommen, 1:1-Meetings sollten verpflichtend eingeführt werden. Davon ist jedoch abzuraten. Verordnete 1:1-Meetings können zum Bumerang werden, wenn Führungskräfte und Mitarbeitende diese Treffen nicht als sinnvoll empfinden. Dann werden 1:1-Meetings möglicherweise nur zur Schau durchgeführt oder stehen als Platzhalter im Kalender, finden tatsächlich aber gar nicht statt und sorgen für Frust.
Trotz etwaiger Bedenken und Risiken sind 1:1-Meetings ein wertvolles Instrument, solange der Kern der Co-Construction im Blick behalten wird: Sie sollten als Gestaltungsraum dienen, in dem Führungskräfte und Mitarbeitende gemeinsam ihre Arbeitsbeziehung gestalten können!
Literatur
Rogelberg, S. G. (2024). Glad We Met: The Art and Science of 1: 1 Meetings. Oxford University Press.