Great Resignation: Wie Sie Mitarbeitende halten können
Zunächst nur in den USA ein Begriff gewinnt die „Great Resignation“ der Arbeitnehmenden auch in Deutschland an Aufmerksamkeit. Im Jahr 2021 verließen mehr Angestellte ihr Unternehmen als je zuvor, erstmals bekundeten deutsche Arbeitskräfte eine höhere Bereitschaft zum Jobwechsel als US-Amerikaner:innen. Erfahren Sie, was hinter diesem Phänomen steckt, wie es sich auf Unternehmen auswirkt und welche HR-Maßnahmen Abhilfe schaffen können.
Verzeichnet auch Ihr Unternehmen seit der Pandemie mehr Kündigungen als gewöhnlich? Diese Entwicklung ist gerade vielerorts zu beobachten. Eine Gallup-Studie bestätigt, dass im Jahr 2021 42 % der befragten Arbeitnehmer:innen beabsichtigten, binnen drei Jahren zu einer neuen Stelle zu wechseln (Tödtmann, 2022).
Die „Great Resignation“ schwappt nach Deutschland
Klotz (2021) beschrieb mit dem Begriff „Great Resignation“ die zahlreichen Jobwechsel, die in den USA im September 2021 einen Höhepunkt von 4,4 Millionen Kündigungen erreichten (U.S. Bureau of Labor Statistics, 2021). 41 % der Beschäftigten in den USA dachten 2021 zumindest über eine Kündigung nach (Microsoft, 2021), 65 % waren aktiv auf der Suche nach einer neuen Arbeitsstelle und 88 % der Arbeitgeber:innen erhielten mehr Kündigungen als sonst (PricewaterhouseCoopers, 2021). In Deutschland kamen 2021 sogar mehr Kündigungen zusammen als in den USA.
Die Pandemie als Schlüsselursache
Die Corona-Pandemie gilt als Hauptauslöser, da sie das Arbeiten tiefgreifend verändert hat (Chamberlain, 2021): Manche durften wegen des Lockdowns gar nicht arbeiten, andere wurden ins Homeoffice geschickt oder zogen sich aus Stress oder Angst zurück.
Da sich viele Beschäftigte während der Pandemie nicht genügend von ihren Arbeitgeber:innen unterstützt fühlten, kam es zu Unzufriedenheit im Job und zu Kündigungen (Taylor, 2020): So bemängelten viele, dass ihnen fürs Homeoffice nicht die passende IT zur Verfügung stand, virtueller Austausch fehlte und keine Supervision erfolgte.
Kein „Back to normal“
Auch nach Lockerung der Hygienemaßnahmen möchten viele Beschäftigte nicht vollständig ins Büro zurückkehren, denn das Homeoffice wird als bequem empfunden und spart Geld und Zeit ein (Maese & Saad, 2021; Maurer, 2021). Außerdem haben viele durch die Pandemie die Sinnhaftigkeit ihres Jobs für sich und ihr Leben reflektiert und gegebenenfalls festgestellt, dass sie mit einer anderen Arbeit glücklicher sein können (Geisler, 2021).
Die Kosten sind immens
Kündigungen sind aufgrund der investierten Zeit und Materialien sowie eingebüßten Produktivität teuer, aber auch weil die Arbeitsmoral, Kund:innenzufriedenheit und Effizienz leiden, wenn die Belegschaft schrumpft (Hinkin & Tracey, 2000). Nutzen Sie deshalb HR-Strategien, um der „Great Resignation“ entgegenzuwirken.
Mit HR-Strategien gegen Kündigungen
Der Stellenwert von HR-Maßnahmen, die die Bedürfnisse und Präferenzen von Angestellten berücksichtigen, ist nicht zu unterschätzen. In einer aktuellen Literaturanalyse nennen Tessema, Tesfom, Faircloth, Tesfagiorgis, und Teckle (2022) drei Ansätze, um Kündigungen zu verhindern:
1. Flexible Arbeitsmodelle
Die Kündigungsabsicht von Beschäftigten ist geringer, wenn ihnen räumliche und zeitliche Flexibilität geboten wird (Microsoft, 2021). Insgesamt 91 % der befragten Angestellten, die während der Pandemie im Homeoffice waren, wollten dies nach Ende des Lockdowns zumindest teilweise fortsetzen (Saad & Wigert, 2021).
2. Attraktive Gegenleistung
Nicht selten reichen Arbeitnehmende die Kündigung ein, weil finanzielle Anreize fehlen. Gerade wenn hochqualifizierte und schwierig zu ersetzende Arbeitskräfte auf dem Absprung sind, sollten Sie ihnen ein besseres Angebot machen als die Konkurrenz (Tessema et al., 2022). Auch Prämien zum Jahresende oder je nach der bisherigen Beschäftigungsdauer können Anerkennung ausdrücken und Kündigungen vermeiden (Carucci, 2021).
3. Unterstützung für Angestellte
Die mit Abstand wichtigste Vorkehrung ist Unterstützung für Ihr Personal hinsichtlich folgender Punkte:
- Work-Life-Balance: Angestellte schätzen es, wenn auf ihre Work-Life-Balance geachtet wird, denn ein Ungleichgewicht führt zu Stress, Unzufriedenheit und einer höheren Kündigungsbereitschaft (Ladika, 2020). Vor allem bei den bereits genannten flexiblen Arbeitsmodellen können Sie ansetzen.
- Virtuelles Socializing: Auch im Homeoffice ist sozialer Kontakt wichtig. Ermutigen Sie daher zu sozialem Austausch über virtuelle Plattformen, damit remote arbeitende Beschäftigte ebenfalls ein Zugehörigkeitsgefühl entwickeln können (Tessema, 2022).
- Versorgung und Supervision: Ohne gesundes und zufriedenes Personal ist langfristiger Unternehmenserfolg nicht möglich. Gerade infolge der Pandemie sind Lern- und Beratungsangebote zum Umgang mit Problemen gefragter denn je. Neben der Lösung von Problemen der Mitarbeitenden erreichen Sie zusätzlich eine engere Bindung der Angestellten an die Organisation (Sheather & Slattery, 2021; Zielinski, 2020).
- IT-Infrastruktur: Stellen Sie in Zeiten des virtuellen Arbeitens sicher, dass Ihre Beschäftigten auch im Homeoffice hinreichend mit IT und Knowhow versorgt sind, um ungehindert ihre Arbeit erledigen zu können. Dies trägt zur Arbeitszufriedenheit bei.
- Sicherheit und Gesundheit: Während der Pandemie war mitunter auch die Angst vor einer Infektion ein Kündigungsgrund (Geisler, 2021). Tragen Sie also stets Sorge für Sicherheit und Hygiene am Arbeitsplatz und bieten Sie Wellnessprogramme an, die dem körperlichen und geistigen Wohl zugutekommen und den Austausch und Zusammenhalt unter Kolleg:innen stärken (Ladika, 2020).
- Mitsprachemöglichkeiten: Wenn Arbeitnehmer:innen sich zu Wort melden können und gehört werden, sind sie zufriedener und fühlen sich zugehöriger (Tessema et al., 2022). Auch indem Sie Mitsprache bei Entscheidungen zulassen, steigern Sie das Commitment der Angestellten (Carucci, 2021).
All die genannten Strategien sind nützlich, um Angestellte durch eine höhere Arbeitsplatzattraktivität ans Unternehmen zu binden. Bewahren Sie sich immer ein offenes Ohr für die Belange Ihres Personals und pflegen Sie einen regen Austausch, um Ursachen für steigende Kündigungszahlen direkt erkennen und diesen gegensteuern zu können.
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