Zurück ins Büro: Was motiviert noch für das Arbeiten vor Ort?

Viele Mitarbeitende haben sich inzwischen an die Arbeit im Homeoffice gewöhnt und wissen die Vorzüge zu schätzen – während viele Unternehmen sich wünschen, ihre Belegschaft wieder mehr vor Ort anzutreffen. Dr. Nora Hampel und Dr. Tim Hampel stellen 3 Arbeitscharakteristika vor, die einer aktuellen Studie zufolge einen positiven Einfluss auf die Präferenzen für Präsenzarbeit zeigen, und erläutern die konkrete Umsetzung in Unternehmen.

Viele Unternehmen wünschen sich, Ihre Mitarbeitenden wieder häufiger vor Ort anzutreffen. Durch verstärktes mobiles Arbeiten während der COVID-19-Pandemie haben Mitarbeiter:innen jedoch ein neues Maß an Autonomie gewonnen, das sie nun ungern wieder abgeben. Für Unternehmen bestehen zwei Möglichkeiten: Mehr Präsenzarbeit durchsetzen oder an die Freiwilligkeit der Mitarbeitenden appellieren. Da bei vielen Beschäftigten unternehmensinterne Vorgaben für mehr Präsenzarbeit überwiegend auf Unmut treffen, widmen wir uns 3 erforschten Motivatoren und deren Auswirkungen, um Mitarbeitende wieder für eine starke Präsenz vor Ort zu gewinnen. 

Einmal Change und zurück 

Die Ankündigungen kamen zum Teil über Nacht: Wir arbeiten ab morgen im Homeoffice. Eilig wurden „Daily“-Termine versendet und IT-Infrastrukturen ausgebaut, um das Arbeiten von zuhause aus zu organisieren. Für viele Beschäftigte war die Arbeit im Homeoffice bereits nichts ungewöhnliches mehr, jedoch brachten das Ausmaß und die Dauer von zum Teil mehreren Monaten während der COVID-19-Pandemie ein neues Niveau an selbstorganisiertem Arbeiten mit sich. Im Rückblick auf die vergangenen vier Jahre zeigt sich, dass viele Mitarbeitende den Wandel gemeistert und ein neues Maß an Autonomie und Selbstbestimmtheit erfahren haben. 

Auf Unternehmensseite zeigt sich ein anderes Bild. Tech-Konzerne, Industriebetriebe und Mittelständler möchten ihre Mitarbeitenden wieder verstärkt vor Ort antreffen. Tesla, Apple, SAP und weitere habe in den letzten Monaten durchblicken lassen, dass sich die Zeiten des Dauer-Homeoffice zu Ende neigen. Wie beispielsweise bei Apple wurde dabei oftmals ein „softeres“ Vorgehen gewählt: Präsenzarbeit bitte an zwei bis drei Werktagen. Dennoch äußert sich auf Seiten der Beschäftigten Unmut, denn die neu gewonnene Autonomie wieder aufzugeben, fällt vielen schwer. Dafür gibt es zwei Gründe: 

  1. Zum einen wurden in Homeoffice-Zeiten neue Routinen erlernt: Ein kürzeres oder längeres Frühstück, selbstdefinierte Pausenzeiten, neue Austausch- und Kommunikationsformate oder eine Neuorganisation der Grenzen zwischen Arbeits- und Freizeit. Eine teilweise Rückkehr an den Arbeitsplatz bedeutet auch, diese Routinen wieder aufzubrechen. 
  2. Zum anderen unterliegt man zuhause weniger Kontrolle durch den Arbeitgeber. Wie die anfallende Arbeit erledigt wird und welches Vorgehen man wählt, kann oftmals stärker selbstbestimmt entschieden werden. 

Gerade diese Selbstbestimmtheit motiviert viele Beschäftigte, die Arbeit aus dem Homeoffice auch weiterhin aufrechtzuerhalten. Was können Unternehmen also tun, um ihre Mitarbeitenden beim Übergang zu wieder mehr Präsenzarbeit zu unterstützen? 

Auf diese 3 Faktoren kommt es an 

Neben Anordnungen von Unternehmen, wieder verstärkt an den Arbeitsplatz zurückzukehren, existiert eine weitere Möglichkeit: An den Motivatoren der Beschäftigten anzusetzen. Welche Faktoren beeinflussen die Präferenzen für Präsenzarbeit vs. der Arbeit von zuhause aus? Hier soll der Blick vor allem auf die arbeitsbezogenen psychologischen Faktoren, die sogenannten Arbeitscharakteristika (engl. job characteristics) gelegt werden. 

Abgeleitet aus der Job-Characteristic-Theorie (Hackman & Oldham, 1979) beschreiben sie Merkmale der Arbeit, die Mitarbeitende intrinsisch motivieren. In einer aktuellen Studie (Hampel & Hampel, 2023) wurden mehrere Arbeitscharakteristika untersucht, die mutmaßlich in Zusammenhang mit der Präferenzbildung bei der Arbeitsortwahl stehen. Im Ergebnis zeigte sich bei 3 Arbeitscharakteristika ein positiver Einfluss auf die Präferenzen für Präsenzarbeit: Teamausrichtung, Sozialer Kontakt und Planungsautonomie. 

Teamausrichtung 

Mitarbeitende, deren Team über eine klare Ausrichtung und inhaltliche Abgrenzung zu anderen Teams verfügt, präferieren Präsenzarbeit gegenüber der Arbeit im Homeoffice. Die Teamausrichtung ist ein mit der psychologischen Sicherheit zusammenhängendes Konzept und beschreibt die klare Aufgabe und Ausrichtung des kollektiven Handelns eines Teams durch die Führungskraft. Wenn sich Management und Teammitglieder nicht darüber einig sind, was die Zwecke und Inhalte des Arbeitsteams sind, besteht die Gefahr, dass einzelne Mitglieder unterschiedliche Ziele verfolgen. 

Die Teamausrichtung lässt sich anhand von drei Fragen abgrenzen: 

  1. Was ist die inhaltliche Aufgabe? 
  2. Was ist die damit verbundenen Rolle? 
  3. Welcher Beitrag wird geleistet? 

Eine klare Teamausrichtung schafft eine gemeinsam geteilte Identität und stärkt den Wunsch, das Team nach außen positiv zu positionieren und zu repräsentieren. Ebenso führt das Wissen der Teammitglieder darüber, „was zu tun ist", zu einer Verringerung der arbeitsbezogenen Unsicherheit und steigert die Motivation, bei der Arbeit präsent und sichtbar zu sein. 

Sozialer Kontakt 

Isolation und ein Rückgang des Kontakts zu Kolleg:innen war einer der auffälligsten Faktoren, die sich während der Pandemie negativ auf die Produktivität, die Arbeitszufriedenheit und die psychische Gesundheit auswirkten (Mehta, 2022 ). Bereits frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass das „Büro“ als wichtiger Ort für die Erfüllung sozialer und gemeinschaftlicher Bedürfnisse gilt (Rockmann & Pratt, 2015). Sozialer Kontakt zeigt sich daher auch als zentraler Prädiktor für die Präferenz, vor Ort zu arbeiten. 

Für Unternehmen ist das ein klares Signal, Angebote für soziale Interaktionen vor Ort auszubauen. Das stärkt nicht nur den intra-organisationalen Wissenstransfer, sondern bietet ebenfalls die Möglichkeit neue Kontakte zu knüpfen und vor Ort präsent zu sein. 

Planungsautonomie 

Mitarbeitende, die in der Ausübung ihrer Tätigkeit ein höheres Maß an Autonomie besitzen, präferieren die Arbeit vor Ort gegenüber der Arbeit im Homeoffice. Eine höhere arbeitsbezogene Autonomie erlaubt, das Vorgehen und die Methodenwahl bei der Arbeit stärker selbst festzulegen. Damit einhergehen eine höhere Selbstwirksamkeit und ein Kompetenzerleben, die positiv auf die Motivation einwirken. Für Führungskräfte bedeutet das, die Arbeit vor Ort nicht als stärkere Kontrollfunktion wahrzunehmen, sondern im Gegenteil, die Autonomie bei Präsenzarbeit zu stärken. Werden Mitarbeitende hingegen bei der Arbeit vor Ort in ihrer Selbstwirksamkeit eingeschränkt, werden diese durch die „Flucht“ ins Homeoffice versuchen, diesen Einschränkungen zu entgehen. 

Fazit 

Zusammenfassend bieten diese 3 Faktoren eine Chance für Unternehmen und Führungskräfte, an den Motivatoren der Präsenzarbeit anzusetzen. Teamsaurichtung, sozialer Kontakt und Autonomie kennzeichnen 3 arbeitsbezogene Merkmale, die in direktem Zusammenhang mit den Präferenzen der Arbeitsortwahl stehen und von Führungskräften direkt positiv beeinflusst werden können. 

Literaturliste zum Download

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