Keine Angst vorm "alten Eisen": Leistungsstark mit 50plus

Von der Expertise der Berufstätigen 50plus können Teams und Unternehmen sehr profitieren. Allerdings nimmt das Leistungsvermögen mit zunehmendem Alter häufig ab, was Vorurteile gegenüber der Leistungsfähigkeit älterer Mitarbeitender nährt. Das ganzheitliche LiA-Training hilft Ihnen, das hohe Potenzial Ihrer erfahrenen Angestellten zu stärken. Dies kommt auch deren Motivation und Arbeitszufriedenheit zugute.

Zu den Wunscheigenschaften der Mitglieder eines erfolgreichen Teams gehören mitunter Eigenschaften wie: Leistungsfähigkeit, Flexibilität, Offenheit für Neuerungen, Motivation und Resilienz in Belastungssituationen. Bringt die Generation 50plus diese Eigenschaften ebenfalls mit? Schränken Abbauprozesse mit steigendem Alter nicht zunehmend die Leistungsfähigkeit ein? Wie lohnend sind dann noch Weiterbildungen und Schulungen für ältere Mitarbeitende?

Die Entwicklung der Fähigkeiten im Lebensverlauf erfolgt nicht in allen Bereichen gleich. Das Erfahrungswissen wächst kontinuierlich an, aber vor allem bei den kognitiven Fähigkeiten wie der Konzentration und dem Gedächtnis zeigen sich häufig Einschränkungen etwa ab dem Alter von 50 Jahren (Gajewski & Falkenstein, 2011; Mietzel, 2012). Werden solche Leistungseinbußen erlebt, leiden auch die Einschätzung der eigenen Kompetenz und das Selbstvertrauen (Mache & Harth, 2017). Belastungsgrenzen werden stärker wahrgenommen (Barnay, 2016). Wenn älteren Mitarbeitenden die Bewältigung von anspruchsvolleren Aufgaben nicht mehr zugetraut wird, trägt dies zusätzlich dazu bei, dass sie ihr eigenes Potenzial nicht ausschöpfen (Gerstenmaier & Mandl, 2011).

Grundgedanken des Trainings

Die entwicklungspsychologische Forschung zeigt, dass man den Leistungseinbußen im fortschreitenden Alter aktiv entgegenwirken kann und dass auch das Lernen neuer Inhalte ein Leben lang gut möglich ist (z.B. Kliegel et al., 2003; Röhr-Sendlmeier et al., 2012). Besonders Trainings, die verschiedene Bereiche adressieren und in Gruppen durchgeführt werden, führten zu Erfolgen (z.B. Joubert & Chainay, 2018; Donaldson et al., 2019). Vor diesem Hintergrund haben wir – ein Team von Entwicklungspsycholog:innen am Institut für Psychologie der Universität Bonn – in einem siebenjährigen Forschungsprojekt auf wissenschaftlicher Basis ein Training entwickelt und erprobt, das insbesondere Berufstätige 50plus in ihren Handlungsfähigkeiten stärkt.

Das Training hat das Ziel, auch erfahrene Mitarbeitende im Hinblick auf Leistungsfähigkeit, individuelles Kompetenzerleben und Arbeitszufriedenheit zu unterstützen. So erklärt sich der Name LiA-Training.

Bei erhöhter Beanspruchung – wenn Stress erlebt wird – können die geistigen Fähigkeiten häufig nicht optimal abgerufen werden (Kaluza, 2018). Wir werden unkonzentriert, übersehen Wesentliches und machen Fehler. Erleben wir unsere kognitiven Möglichkeiten als eingeschränkt, leidet auch das Selbstvertrauen. Die Aktivierung, die der kognitiven Leistungsfähigkeit zugutekommt (Kramer & Colcombe, 2018), und die Entspannung, die das Stresserleben reduziert (Holman et al., 2018), können nicht mehr in Balance gebracht werden. Im Gegenteil: Ungünstige Wechselwirkungen entstehen, die die Arbeitsfähigkeit und das Wohlbefinden einschränken und das Belastungserleben erhöhen (Zacher, 2015; Nimon et al., 2021).
Stärken gezielte Übungen aber die Fähigkeiten zur Stressbewältigung, zur Aktivierung und Entspannung, die geistige Fitness und das Selbstvertrauen, ergibt sich ein positiver Synergieeffekt für ein ganzheitliches Kompetenzerleben und eine erhöhte Souveränität im Handeln. Diese multimodalen Inhalte werden im LiA-Training ineinander verzahnt und abwechslungsreich vermittelt.

Das Forschungsprojekt

1.071 Personen, die vor allem in Banken, Versicherungen, Verwaltungen und Industrieunternehmen tätig waren, nahmen am Forschungsprojekt teil, das durch die gemeinnützige Hans Hermann Voss-Stiftung in den Jahren 2013 bis 2019 gefördert wurde. Das LiA-Training wurde in verschiedenen Formaten als Gruppentraining erprobt – in Präsenz über 15 oder 7 Wochen, kompakt an zwei oder vier Tagen und in verschiedenen Online-Formaten. Die Veränderungen der Trainingsteilnehmenden wurden mit den Werten von nicht-trainierten Kontrollgruppen verglichen. Sechs Monate nach Beendigung des Trainings wurden die Effekte auf ihre Nachhaltigkeit überprüft.

Sowohl die berufliche Handlungsfähigkeit als auch die kognitive Leistungsfähigkeit und das Gesundheitsempfinden konnten während des Trainings und noch einmal in den sechs Monaten nach dessen Beendigung gesteigert werden (zur Konzeption und den Kernergebnissen des Projekts siehe Hüber et al., 2022). Dies zeigt, dass die Trainingsinhalte tatsächlich in den Alltag übernommen werden, „die Saat aufgeht“.

Woraus besteht das ganzheitliche LiA-Training?

  1. Die geistige Fitness wird durch gezielte Übungen zur Verbesserung der Konzentration, der kognitiven Schnelligkeit, des logischen Denkens, des sprachlichen, numerischen und visuellen Gedächtnisses und der kognitiven Flexibilität gefördert. Die Fähigkeit zum Perspektivwechsel, die u.a. durch Übungen zur selektiven Aufmerksamkeit und zum Fokussieren auf zuvor unbeachtete Aspekte in der Umgebung geschult wird, begünstigt professionelles Handeln selbst unter herausfordernden Bedingungen.

    Eine Übung zur kognitiven Flexibilität verwendet beispielsweise Farbwörter, die in Druckfarben geschrieben sind, die nicht der Bedeutung der Wörter entsprechen. Das Wort „grün“ ist z.B. in der Farbe rot geschrieben. Die Wörter sollen nicht gelesen, sondern ihre Druckfarbe benannt werden. Hier wird trainiert, visuell und semantisch konkurrierende Informationen gezielt abzurufen bzw. zu unterdrücken.
  2. Selbstvertrauen und Arbeitsmotivation werden durch angeleitete Reflexion bereits bewältigter allgemeiner und beruflicher Herausforderungen gestärkt. Motivationsbarrieren und Fehler durch verzerrte Wahrnehmung werden erkannt. Ein gesundes berufliches Selbstkonzept und der Optimismus, auch neue Probleme lösen zu können, werden so aufgebaut.
  3. Durch das Erkennen individueller Stressauslöser und -verstärker und passgenaue Übungen zu ihrer Vermeidung wird das Stressmanagement verbessert. Wirksame Maßnahmen, sich kognitiv vor Überbelastung zu schützen, werden erlernt. Dies begünstigt die Arbeitszufriedenheit, welche maßgeblich zum beruflichen Engagement und zur Gesunderhaltung beiträgt.
  4. Alltagstaugliche physische Aktivierungs- und Koordinationsübungen und Entspannungstechniken unterstützen die Handlungsfähigkeit allgemein und besonders in belastenden Situationen.

Steigerung der Leistungsfähigkeit und Lebensqualität

Die Verbesserungen infolge des LiA-Trainings zeigten sich in objektiven Tests (z.B. zur Messung der Informationsverarbeitsgeschwindigkeit: ZVT; Oswald, 2016) und in der Selbsteinschätzung:

  • Im Bereich der beruflichen Handlungsfähigkeit steigerten die trainierten Personen ihr Kompetenzerleben, ihre Flexibilität, ihre Selbstwirksamkeit und die affektive Bindung an ihr Unternehmen.
  • Die kognitive Leistungsfähigkeit wurde durch gesteigerte Konzentration, verbesserte Informationsverarbeitung, höhere kognitive Schnelligkeit und gestiegene Lernbereitschaft gestärkt.
  • In den gesundheitlichen Wirkungen zeigten sich ein geringeres Erleben von Belastungen, gelungenes Stressmanagement, stärkere Ausgeglichenheit und ein insgesamt besseres Gesundheitsempfinden.

Das Training fand eine sehr hohe Akzeptanz von über 95 Prozent der Teilnehmenden. Daher regten auch die Unternehmen, deren Mitarbeitende am Forschungsprojekt teilgenommen hatten, an, das Training nach dessen Beendigung für weitere Berufstätige zugänglich zu machen. Diese Trainings leiten nun frühere Projektmitarbeitende und ausführlich geschulte Psycholog:innen mit Masterabschluss an. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales empfiehlt das LiA-Training als geeignete Maßnahme, um die Kompetenz und Resilienz von Mitarbeitenden 50plus zu stärken (vgl. INQA).

Keine Angst vorm "alten Eisen"!

Motivierte, kognitiv und persönlich starke, zufriedene und gesunde Mitarbeitende profitieren persönlich und beruflich vom LiA-Training. Ihre Lebensqualität steigt durch die Entfaltung ihrer substanziellen Potenziale. Außerdem werden ein Leistungsabfall oder vorzeitiger Renteneintritt vermieden. Somit sind ausgeglichene, leistungsstarke Berufstätige 50plus auch für ihr Unternehmen und ihr Team angesichts ihrer Expertise ein Gewinn.

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